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Einleitung
Das Unternehmen der Künstlerreise wird spätestens ab dem Beginn des 18. Jahrhunderts mit der Bildungsreise der Grand Tour – im deutschen auch als "Kavalierstour" bekannt – verbunden, die bis zum Aufstieg des europäischen Bürgertums dem Adel vorbehalten war. Wie schon 1981 in einer Studie zum Reisebild konstatiert wurde "bildeten sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ganz anders motivierte Reisen heraus. Neben dem aufklärerischen Interesse an gesellschaftlichen Zuständen fremder Länder zielte forschende Neugier in bislang unbekannte, nicht kultivierte Gegenden."1
Im Unterschied zu den Künstlerreisen des 16. und 17. Jahrhunderts, zu deren prominentesten Vertretern Grafiker und Maler wie Maarten van Heemskerk (1498–1574), Pieter Brueghel der Ältere (1525/1530–1569) oder Albrecht Dürer (1471–1528)[] zählen, bildete sich hier ein neues, erweitertes Spektrum an Themen und Motiven für die reisenden Künstler heraus. Diese lagen vorwiegend in der Entdeckung und Beobachtung der Natur sowie fremder Sitten und Gebräuche. Im Unterschied zu den Individualreisenden Heemskerk, Brueghel oder Dürer, die vor allem an einem individuellen Erfahrungsaustausch und der künstlerischen Weiterentwicklung interessiert waren, verbindet sich das Motiv der Reise im 18. Jahrhundert explizit mit dem der forschenden Neugier. Besonders die auf genaue Naturbeobachtung beruhenden Ausführungen zu botanischen, meteorologischen und geologischen Fragestellungen stießen auf größtes Interesse in Kunstkreisen, da sie der eigenen Auseinandersetzung mit der Darstellbarkeit von Natur entgegenkamen.2 Immer häufiger ist die enge Zusammenarbeit von Künstlern und Forschern zu beobachten, wie etwa die zwischen dem Vesuvforscher Sir William Hamilton (1730–1803) und dem Maler Pietro Fabris (tätig 1756–1784), die zusammen den Vesuv und seine Umgebung erkundeten, oder die zwischen dem Alpenmaler Caspar Wolf (1735–1783)[] und dem Gelehrten Jacob Samuel Wyttenbach (1748–1830), die sich zusammenfanden, um die Schweizer Berglandschaften zu untersuchen und abzubilden.3 Anders als die Künstlerreisen der Frühen Neuzeit wird diese neue Form des Reisens zum Bildungsprivileg ganzer gesellschaftlicher Schichten, wie des Adels und des sich – wie gerade beschrieben – neu ausbildenden Bürgertums und seiner gelehrten Interessen. In deren Begleitung ist der Künstler nun zunehmend anzutreffen.4
Besonders zum Selbstverständnis der englischen Aristokratie gehörte es, den Nachwuchs zur Abrundung seiner Erziehung auf eine Grand Tour zu schicken, um an den europäischen Höfen fremde Sitten und Gebräuche, aber auch die klassische Bildung und Weltgewandtheit kennenzulernen. Spätestens seit dem 18. Jahrhundert wurde es üblich, neben dem Erzieher auch einen bildenden Künstler mit auf diese Reisen zu nehmen. Traditionellerweise führte die Reise über Frankreich nach Italien, wobei der Reiseverlauf in bildwürdigen spots festgehalten wurde und sich ein Kanon von Sehenswürdigkeiten herausbildete, der auch die weitere Entwicklung des Tourismus bestimmen sollte.5 Obwohl Reiseablauf und Sehenswürdigkeiten festgelegt waren, steht die Grand Tour – insbesondere in künstlerischer Hinsicht – für eine Form des Reisens, die durch die Erfahrung der Fremde die individuell-subjektive Wahrnehmung immer wieder herausforderte. Blieb diese Fremde bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zumeist noch auf die Länder Europas konzentriert und die Entdeckung bislang wenig bekannter Regionen und Stätten "fremder Natur" – wie die unerschlossenen Gebirge der Alpenregionen oder die Vulkane Süditaliens –, so dehnten sich die Interessen des forschenden Entdeckens bald auf immer fernere Länder und Kontinente aus.6 James Cook (1728–1779) nahm auf seine Entdeckungsreisen jeweils mehrere Forscher mit, die sich mit Fragen der Geologie, Botanik und Meteorologie beschäftigten und eng mit den mitreisenden Künstlern zusammenarbeiteten. Auch Louis-Antoine de Bougainville (1729–1811) wird auf seiner Weltumsegelung (1766–1769) von Naturforschern begleitet.7 Diese Reisen in die Fremde stellten für die europäischen Wahrnehmungs- und Wissenstraditionen eine Herausforderungen dar. Im Zentrum der Forschung stehen bis heute die Fragen nach der Erfahrbarkeit der Fremde, ihrer kulturellen Bedingtheit und inwieweit es auf diesen Reisen zu Austausch- oder Transferprozessen kam, welche die Wahrnehmung von eigen und fremd in Frage stellten.
Die Reise in den Orient
Seit dem späten 18. Jahrhundert richtete sich das Interesse der Zeitgenossen auf eine "authentische Reisedokumentation" des Orients. Im zeitgenössischen Verständnis wurde der Orient – genauer der Vordere Orient – vor allem auf die Zeugnisse und Monumente der Antike reduziert, die als künstlerisch wertvoll betrachtet wurden. Nicht die Landschaft oder das zeitgenössische Leben standen im Vordergrund des Interesses, sondern die Monumente als Zeugen einer beeindruckenden künstlerischen Vergangenheit. Das Interesse an und das Wissen über Ägypten sowie den Orient war in der Geschichte Europas nie abgerissen – dies bezeugen eine Vielzahl von Reiseberichten und antiquarische Sammlungen.8 Im Zuge der Aufklärung verändert sich jedoch die Sicht auf Ägypten, so dass im späten 18. Jahrhundert von einer Neu- bzw. Wiederentdeckung des Landes gesprochen wird.9 Diese veränderte Wahrnehmung des Orients zeichnet sich zum einen durch den enzyklopädischen Wissensanspruch aus, der dem Gegenstand entgegengebracht wird, und zum anderen durch Reiseexpeditionen von Künstlern, die das literarisch tradierte Wissen einer Überprüfung durch das "authentische Sehen" unterziehen. Der mit der Reise verbundene Wissensanspruch findet künstlerisch seine Entsprechung in dem Ideal der detaillegetreuen Darstellung und dem damit verbundenen Anspruch auf Überprüfbarkeit. Eine der umfangreichsten Reiseexpeditionen in den Orient, die unter dieser Prämisse angetreten wurde, ist die des Franzosen Louis-François Cassas (1756–1827). Die Bekanntheit der altägyptischen Kulturdenkmäler in Europa ist nicht zuletzt auf seine Illustrationen zurückzuführen. Darin entwirft er ein "archäologisches Image" des Orients, das in Europa das "Orientbild" der Aufklärung bestimmen sollte. Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)[], der im September 1787 Cassas' Zeichnungen aus dem Orient in dessen Atelier in Rom besichtigte, beschrieb diese in seiner Italienischen Reise:
Ein französischer Architekt, mit Namen Cassas, kam von seiner Reise in den Orient zurück; er hatte die wichtigsten alten Monumente, besonders die noch nicht herausgegebenen gemessen, auch die Gegenden, wie sie anzuschauen sind, gezeichnet nicht weniger alte zerfallene und zerstört Zustände bildlich wieder hergestellt und einen Teil seiner Zeichnungen, von großer Präzision und Geschmack, mit der Feder umrissen und, mit Aquarellfarben belebt, dem Auge dargestellt.10
Bevor Cassas in den Orient reiste, besuchte er Orte, die charakteristisch für den Verlauf der Grand Tour geworden waren: Paris, Rom und Sizilien – wo er sich mehrmals für längere Zeit aufgehalten hatte. Zusammen mit dem Comte Marie-Gabriel-Florent-Auguste de Choiseul-Gouffier (1752–1817)[], einem Antikensammler und Anghörigen des französischen Hochadels, reist der auch als artiste-archéologue titulierte Künstler zwischen 1784 und 1787 nach Konstantinopel. Choiseul-Gouffier war zu dieser Zeit der Botschafter Frankreichs an der Hohen Pforte, der osmanischen Regierung. Mit seiner Reise nach Griechenland und von dort aus in die Regionen des Osmanischen Reiches erweiterte Cassas den bislang europäischen Horizont seiner Reisen.11 Im Auftrag des Comte unternahm er eine weitere Reise, die ihn innerhalb von fünfzehn Monaten von Konstantinopel aus nach Syrien und Palästina bis nach Ägypten führte. Damit verbunden war die Aufgabe, die wesentlichsten Regionen, Monumente und Menschen dieser Länder darzustellen. Auf dieser Reise fertigte Cassas auch eine Mappe mit mehr als 300 Zeichnungen an. Nach seiner Rückkehr nach Rom 1784 entstand der Plan, eine Sammlung von Stichen auf der Basis der mitgebrachten Zeichnungen zu publizieren.12 Durch die politischen Ereignisse von 1789 geriet sein Förderer, der Comte de Choiseul-Gouffier, jedoch in finanzielle Schwierigkeiten und Cassas musste nach Paris zurückkehren, um neue Gelder zu erschließen. Noch im Frühjahr 1789 wurde die Veröffentlichung des Werkes im Prospectus offiziell angekündigt und der einzigartige Charakter dieser Voyage pittoresque betont. Geplant war die Illustration der Voyage mit fast 330 Tafeln: Davon 70 aus Palmyra, 50 aus Baalbek, 57 aus Unterägypten, 47 aus dem Libanon, 47 aus Palästina, 17 aus den Städten Nordsyriens, Aleppo und Antiochia (am Orontes) und 13 aus Zypern. Ab 1793 leitete der Zeichner Cassas somit eines der größten Publikationsprojekte des ausgehenden 18. Jahrhunderts, an dem er zusammen mit 84 weiteren Personen arbeitete.13 Die Veröffentlichung entstand in einem arbeitsteiligen Prozess, in dem Cassas die Zeichnungen lieferte, die Verträge vorbereitete und die Ausführung und Zusammenstellung der Tafeln, die in ungefähr 50 Sendungen zu jeweils sechs Tafeln geliefert werden sollten, überwachte.14 Auf Grundlage von Cassas' Zeichnungen erstellten rund hundert verschiedene Stecher in Paris die Illustrationen. Trotz der Unterstützung durch Jacques-Louis David (1748–1825) und den Comte Constantin-François Chassebœuf de Volney (1757–1820) wurde 1802 die finanzielle Unterstützung durch den Staat beträchtlich reduziert.15 Die Voyage pittoresque blieb unvollendet und musste 1803/1804 abgebrochen werden. Der noch 1789 angekündigte Text zur Erläuterung der Bildtafeln wurde nie veröffentlicht. Das ursprünglich geplante Werk mit 330 Stichen wurde schließlich auf eine Mappe mit 180 Stichen reduziert, die unter dem Titel Voyage pittoresque de la Syrie, de la Phénicie, de la Palestine et de la Basse-Egypte veröffentlicht wurden und die manche Besitzer wie einen Reisebericht binden ließen.16 Die überlieferten Stiche und Radierungen sind nicht nur das Resultat eines geografisch-kulturellen Ortswechsels des Künstlers von Europa in den Orient, sondern sie sind, wie fast alle "Bilder aus dem Orient", das Produkt eines medialen Transferprozesses: Entstanden als Skizzen vor dem Motiv, wurden sie in Rom und Paris zu Stichen oder Radierungen weiter verarbeitet. Manche der Zeichnungen konnten erst in den Jahren um 1820 farbig vollendet werden.17
Die Radierung Vue de la tête colossale du Sphinx et de la 2ème Pyramide d'Egypte, die in der Chalkographie der Brüder Piranesi in Paris koloriert wurde, gehört zu den "Inkunabeln der europäischen Ägyptenträume".18 An ihr lässt sich exemplarisch zeigen, wie der Anspruch auf eine genaue, detailgetreue und sachgerechte Darstellung – der bald die Maximen der europäischen Wissenschaften wie z.B. der Archäologie bestimmen sollte – und die tradierten künstlerischen Konventionen der europäischen Landschaftsmalerei aufeinandertrafen. Das Haupt des mythisch besetzten Geschöpfs wird frontal als bildbeherrschendes Monument gezeigt. Im Gegensatz zur realen geographischen Situation erscheint der Sphinxkopf vor der im Bildhintergrund aufragenden Chephren-Pyramide, die das Monument umrahmt. Die Mauersteine der Pyramide sind im unteren, und die glattere Kalksteinverkleidung ist im oberen Bereich deutlich zu erkennen. Das Gesicht mit den blicklosen Augen erscheint vollständig rekonstruiert, lediglich die Haartracht zeigt noch Spuren der Zerstörung.19 Im Vordergrund sind europäische und orientalische Reisende mit ihren Reittieren zu sehen. Sie umlagern das Denkmal, wodurch ein Eindruck von der zeitgenössischen Situation der Expedition vermittelt wird. Im Verhältnis zur Pyramide ist die Sphinx überdimensional groß. Die Veränderung der Größenverhältnisse wie die hinter dem Koloss aufsteigenden geheimnisvollen Wolken unterstreichen die monumentale Wirkung des ägyptischen Kulturdenkmals. Auch die Darstellung des Lichts trägt zur Inszenierung der Sphinx bei: Ihr Antlitz scheint von einem imaginären Licht angestrahlt, was ihre Gesichtszüge lebendig wirken lässt– ohne dabei ihr Rätsel zu lösen.20
Dort, wo Cassas den Anspruch der Dokumentation verlässt, folgt er den Kunstprinzipien der europäischen Landschaftsmalerei, insbesondere den Darstellungskonventionen der Vedute, d.h. einer idealisierenden Abbildung einer Ort- oder Landschaft. Deutlich zu erkennen ist dies anhand der Inszenierung der Sphinx. Cassas folgt den antiken Idealen, wie sie von der englischen Kunsttheorie in den ästhetischen Kategorien des Erhabenen (sublime) und des Schönen (beautiful) im 18. Jahrhundert formuliert wurden.21 Das, was in der Fremde durch das "authentische Sehen" überprüft wurde, findet sich im Bild nur noch in einzelnen Partien wieder: Dazu gehören einerseits die genaue Beobachtung und Darstellungsweise der Bauweise der Pyramide (Mauersteine und Kalksteinverkleidung), die Spuren der Zerstörung, die Zeit und Klima am Hals der Sphinx hinterlassen haben, und die im Vordergrund lagernden Orientalen, die in der europäischen Tradition der Staffage dargestellt werden.22
In der Darstellungsweise des Künstlers lassen sich europäische Bild- und Wahrnehmungstraditionen erkennen, die im Zuge bzw. nach der Rückkehr von der Reise mit der Forderung nach Augenzeugenschaft konfrontiert wurden. Indem Künstler zunehmend in Gebiete reisten, die jenseits des europäischen Erfahrungsraumes lagen, entstand ein neues Kriterium für die künstlerische Darstellung. Mit Blick auf die Erfahrungen und die Erlebnisse in der fremden Kultur sollte das mitgebrachte Bildmaterial eine Art dokumentarischen Reisebeweis liefern, der nicht zuletzt dazu diente, gesellschaftliches Prestige zu gewinnen. Hier ist hinzuzufügen, dass vor Cassas, der im März 1785 seinen Aufenthalt in Ägypten begann, schon zahlreiche Reisende dort gewesen waren. Einige hatten mit ihren Berichten dazu beigetragen, das Land der Pharaonen bekannt zu machen und die Ägyptensehnsucht Europas zu beleben. Dabei entstanden u.a. zwei Werke der Reiseliteratur, die Cassas 1791 bei seiner Rückkehr nach Paris erwarb: Die Voyage d'Egypte et de Nubie23 des Dänen Frederik Ludvig Norden (1708–1742), die 1751/1755 veröffentlicht und mit häufig frei erfundenen Tafeln illustriert wurde, und die Voyages en Orient dans l'Egypte, l'Arabie24 […] des Engländers Richard Pococke (1704–1765), die 1771/1772 ebenfalls auf französisch veröffentlicht wurde. Es ist davon auszugehen, dass er diese Werke der Ägyptenliteratur nutzte, um seine Erlebnisse in Ägypten nachträglich zu bearbeiten.25 Auch seine Reiseroute folgte den Stationen, die schon von vielen Reisenden vor ihm besucht worden waren: Von Palästina aus im Hafen von Damiette angelangt, fuhr er den Nil aufwärts bis nach Kairo. Wie für die europäische Grand Tour bilden sich auch in den geographisch entlegenen Regionen des Orients schnell festgelegte Reisestationen heraus, was Ende des 18. Jahrhunderts zu einer Kanonisierung der Sehenswürdigkeiten Alt-Ägyptens führte.26 Mit Ausnahme der Tafeln von Norden hatte jedoch kein Reisender bislang "wahre Bilder" von Ägypten in das Europa der Aufklärung gebracht und damit eine neue Form des Wissenstransfers zwischen dem Orient und Europa begründet.27
Im zeitgenössischen Verständnis, wie es aus Beschreibungen der Künstler selbst hervor geht, ist das "wahre Bild" dadurch charakterisiert, dass aus ihm eine präzise, detailgenaue und überprüfbare Betrachtung des Gegenstandes hervor geht. Darin zeigen sich die neuen Interessen der reisenden Künstler, die sowohl den Gegenständen der Natur wie denen der fremden Kultur entgegengebracht werden. Dass dies kein Phänomen ist, das alleine für den Orient gilt, zeigen Reisen wie die des französischen Malers Jean-Pierre-Laurent Hoüel (1735–1813) oder die von Alexander von Humboldt (1769–1859), um nur zwei Beispiele zu nennen, die für die zunehmende Überschneidung künstlerischer und wissenschaftlicher Interessen stehen. Hoüel bereiste zwischen 1776 und 1779 die Inseln Sizilien, Malta und Lipari, wobei er sich besonders mit den vulkanischen Phänomenen auseinandersetzte und sie in seiner illustrierten Voyage pittoresque des Isles de Sicile28 publizierte (1782–1787).29 Ähnliches gilt für Alexander von Humboldt den seine Naturforschungen bis nach Lateinamerika führten und der sein Reisewerk selbst illustrierte, wobei er auf seine künstlerische Ausbildung bei Daniel Chodowiecki (ca. 1726–1801) zurückgreifen konnte.30
Eine weitere Station der Reise von Cassas war Baalbek, eine heilige Stätte in der Ebene von Beqaa an der Kreuzung mehrerer Straßen gelegen, die ebenfalls zum Repertoire der Orientreisen gehörte. Cassas erreichte Baalbek im Juni 1785 und verbrachte dort, wie er an den Botschafter schrieb, 20 Tage, in denen er sich intensiv mit den architektonischen Bauwerken beschäftigte:
...[I]ch hatte dort ziemliche Ruhe. Ich habe die wichtigsten Bauwerke gezeichnet und vermessen, die den schönen Altertümern in Rom an Großartigkeit, Adel und architektonischer Reinheit in nichts nachstehen.31
In der Darstellung Landschaft mit dem Portal der Cella des Bacchustempels in Baalbek von 1793 ist das Prinzip einer aus Natur und Architektur zusammengesetzten Landschaft zu erkennen.32 Die Darstellung weist sowohl Gattungsmerkmale des europäischen romantischen Landschaftsbildes auf als auch an das "Beobachtungspathos" der Aufklärung, das auf die Eigenschaft des Bildes als Zeugnis setzt. Das Portal der Cella, das Cassas in mehreren architektonischen Studien aufmerksam und detailgetreu studierte, wird inszeniert als eine antike Ruine, die von einer üppigen, Phantasie-Vegetation überwuchert ist. Die Besonderheit des 120 n. Chr. erbauten Tempels ist der Schlussstein des Türsturzes, der seit dem Erdbeben von 1795 heruntergerutscht ist. Die durch das Beben verursachten Verschiebungen übertrieb Cassas in seinem Aquarell, indem er die Gesamtheit der Mauer in eine instabile Lage versetzte. Zusätzlich verschob er den herausgebrochenen Stein in Richtung der Betrachter, so dass das Skulpturendetail der Soffitte, ein Vogel mit weit ausgebreiteten Flügeln, zu einem dramatischen Moment inszeniert wird. Dieses Detail wurde von den Reisenden als Adler identifiziert, was dazu führte, dass der Tempel zu einem Tempel des Jupiters erklärt wurde. Das monumentale Tor bietet sich den Betrachtern wie ein geöffnetes Fenster dar, das sich in der Ferne, die in gleißendem Licht erscheint, zu einer Landschaft mit antiken Ruinen öffnet. In dem Motiv der Ruine und ihre Einsetzung in die Natur sowie besonders in der Lichtwirkung lässt sich die romantische Landschaftsmalerei in der Tradition Claude Lorrains (1600–1682)[] erkennen. Die Orientalen im Vordergrund, als Teil der Staffage, deuten den "orientalischen Charakter" dieser Antike an.
Gegenüber dem Aquarell wählte der Künstler in der Radierung Das Portal der Cella des Bacchustempels einen nahsichtigeren Betrachterstandpunkt, wobei ganz auf die landschaftliche Einbindung verzichtet wurde. Die antike Ruine steht isoliert im Vordergrund. Auf die Dramatik des beschädigten Türsturzes wird jedoch nicht verzichtet. Vielmehr steigert Cassas dessen prekäres Gleichgewicht noch durch die Nahsicht auf das Monument. Die Aufmerksamkeit des Zeichners ist in dieser Darstellung ganz auf die architektonischen Details und den Skulpturenschmuck des Tores, die 1785 noch gut erhalten gewesen sein sollen, gerichtet.33 Der Blick wird durch den hellen, romantisch anmutenden Lichtstrahl durch das Tor hindurch in die verbliebene Ruine des Tempels geleitet. Weiter unterstrichen wird die Konzentration der Radierung auf die Darstellung der Architektur des antiken Monuments noch durch die Szene im Bildvordergrund. Dort ist unter den Figuren Cassas selbst zu erkennen. In der von ihm selbst gewählten orientalischen Verkleidung sitzt er auf einer Steinplatte, wo er beim Skizzieren des Bauwerks von der orientalischen Bevölkerung beobachtet wird.34 Cassas inszeniert sich in diesem Blatt als reisender Künstler, der seine Darstellungen vor Ort und aus der eigenen Beobachtung gewonnen hat. Ganz im Sinne der Aufklärung ist hier zu beobachten wie neben die schriftliche Fixierung des Reiseverlaufs die zeichnerische Zeugenschaft tritt – Text und Bild werden zu Mitteln des Erkennnisgewinns. Das Einfügen von Selbstporträts ist in Reiseberichten, die in ferne, weit entlegene Länder führten, häufig zu finden;35 immer häufiger dient es als Mittel, das Unbekannte und Neue zu bezeugen.
Dieser Kunstgriff der Selbstinszenierung wird in der Zeichnung Grab des Absalom weiter ausgearbeitet. Am linken Bildrand ist eine Szene zu beobachten, in der sich Cassas selbst portraitiert: Er steht an einem Pfeiler wo er – mit dem Maßstock und unterstützt durch einen Begleiter – die Architektur vermisst. Der Künstler kombinierte in dieser Art der Selbstdarstellung – wie schon in der weiter oben zitierten Briefstelle – die Arbeit des Zeichners mit der des modernen Wissenschaftlers, der seine Daten aus der Beobachtung gewinnt. Interessant zu beobachten ist, wie die sich langsam etablierenden Maßstäbe modernen wissenschaftlichen Arbeitens (Datenerhebung, Vermessen, Zeichnen) an dem ebenso fernen wie fremden Ort der orientalischen Antike ihre Kontur gewinnen. Und dies sowohl in der literarischen Form des Reiseberichts wie in den größtenteils für sich selbst stehenden Bildern. Beide zusammen leisten den Transfer des neu gewonnenen Wissens in den Westen.
Als Zwischenfazit dieser neuen Orientierung lässt sich festhalten: Das Beobachtungspathos der Aufklärung führt nicht unmittelbar zur exakten Wiedergabe der Wirklichkeit oder einer Empirisierung des künstlerischen Reisebildes; vielmehr stellt sich eine Gratwanderung zwischen den genrespezifischen Vorgaben der Malerei und der Unmittelbarkeit des Seheindrucks her. Aus der Bildgenese und dem Bildvergleich lässt sich erkennen, dass das "wahre" oder "authentische" Bild keine neutrale oder überzeitliche Instanz ist. Vielmehr zeugen die neuen Anforderung an das Bild von ihrer Einbettung in die Interessen der Aufklärung sowie der neu entstehenden Wissenschaftskulturen und ihrer Ordnungs- wie Erkenntniskriterien.36
Die Bildkonzeptionen von Cassas stehen somit im Schnittpunkt verschiedener Darstellungstraditionen, die – wie noch zu sehen sein wird – in den Orientexpeditionen an der Wende zum 19. Jahrhundert aufgenommen und weiter entwickelt werden: In der Darstellung der Sphinx oder dem Aquarell des Bacchustempels wird die orientalische Landschaft zu einem historisch vermittelten Ort. Hier lassen sich die Traditionen des bildungsbürgerlichen Reisebildes erkennen, die durch die topographische Fixierung der historischen Sehenswürdigkeiten betonen, dass das abgebildete Sujet auf selbst gesehene Eindrücke und authentische Erfahrungen zurückgeht. Die Darstellung von Licht und Wolken entspricht den Konventionen der romantisch-pittoresken Landschaftsdarstellung. In der detailgenauen Zeichnung der Bauweise der Pyramide, wie in der Dokumentation der Zeichen der Zerstörung am Hals der Sphinx oder in der Radierung des Bacchustempels, lassen sich explizit neue Tendenzen in der Darstellungsweise erkennen. Sie verweisen auf eine empirisch orientierte Darstellung wie sie im Fokus der zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstehenden Description de l'Égypte steht. Sie wird Gegenstand der folgenden Betrachtungen sein. Die Neuerungen der künstlerischen Darstellungspraxis, die nun im Rahmen wissenschaftlich orientierter Expeditionen statt findet, sind unter den Gesichtspunkten der Arbeit am Detail, der Aufmerksamkeit für das Alltägliche sowie der Erkundung des an den Rändern des bisher bekannten Gelegenen weiter zu verfolgen.
Die "Description de l'Égypte" und die wissenschaftliche Arbeit der Archäologie am Monument
Das Interesse an Ägypten und dem Orient, das durch Reisen wie die von Cassas und besonders durch die Vermittlung seiner Bilder geweckt worden war, erreicht mit der von Napoleon Bonaparte (1769–1821)[] in Auftrag gegebenen Description de l'Égypte eine neue Qualität. Diese neue Qualität zeigt sich zum einen in dem Anspruch auf eine umfassende und vollständige Erfassung des Landes, worin sich nicht zuletzt die Ideale der Encyclopédie zeigen, und zum anderen an dem praktischen Beispiel einer wissenschaftlichen Expedition, die in staatlichem Auftrag und zusammen mit institutionellen Neugründungen, wie beispielsweise dem 1798 eigens gegründeten Institut d'Égypte, durchgeführt wird.37 In der Epoche der Ausbildung der modernen Wissenschaften kommt es hier zu einem bemerkenswerten Zusammenspiel von wissenschaftlichen und kolonialen Interessen sowie von Wissenschaft und Kunst.
Das Werk entstand im Zuge der Ägypten-Expedition Napoleons von 1798/1799. Das kolonial-expansive Unternehmen scheiterte zwar militärisch, sicherte Frankreich aber mit der Beteiligung von mehr als 160 Wissenschaftlern und Zeichnern, der Commission des Sciences et des Arts, einen über Jahrhunderte anhaltenden kulturellen Transfer, der den Orient nun auch wissenschaftlich "in Besitz nahm". Das Ergebnis dieser gemeinsamen Anstrengung von Künstlern und Wissenschaftlern – quasi als Ersatzleistung für die nicht gelungene militärische Operation – ist die Description de l'Egypte. Die französischen Truppen wurden 1801 in Ägypten von den Briten geschlagen und mussten daraufhin das Land verlassen. Was blieb und mit nach Frankreich genommen werden konnte, war das Ergebnis der wissenschaftlichen Expedition. Unter den rund 35.000 Soldaten des Feldzuges befanden sich Angehörige der kulturellen und wissenschaftlichen Elite Frankreichs, welche unter der Schirmherrschaft der Commission des sciences et des arts Informationen über Ägypten sammeln sollten. Die Commission bestand aus mehr als 150 Wissenschaftlern und Experten, darunter Mathematiker, Ingenieure, Naturforscher, Architekten, Zeichner, Geisteswissenschaftler und Schriftsetzer. Ihre in Bildern festgehaltenen Beobachtungen wurden in der mehrbändigen Text- und Bildsammlung der Description dokumentiert, die u.a. den Grundstein für die spätere Ägyptologie legte.38 Das monumentale Werk liefert eine umfassende enzyklopädische Erfassung Ägyptens, die von den antiken Denkmälern über Botanik und Geographie bis zur Schilderung von Sitten und Gebräuchen reicht. Mit den vor Ort angefertigten Zeichnungen, die als Kupferstiche in der Description reproduziert wurden, entstand ein Bildkompendium, welches alle Typen des Visuellen enthält, die in der Geschichte der bildlichen Darstellung des Orients und der damit geleisteten Zirkulation von Wissen zukünftig eine Rolle spielten.
Das Titelblatt der Description gleicht einem visuellen Einstieg in die Programmatik des Gesamtunternehmens. Mithilfe eines umlaufenden architektonischen Rahmens und durch die Darstellung eines ägyptischen Tempeltores entsteht ein Bild im Bild.39 Wie durch ein geöffnetes Tor oder Fenster ergibt sich die Aussicht auf eine imaginäre Nillandschaft. Bei genauerer Betrachtung sind am Ufer des Nils, zeichenhaft verdichtet, die Denkmäler der alt-ägyptischen Kultur zu erkennen. Dazu gehören die im Bildvordergrund angehäufte Trophäensammlung archäologischer Objekte, unter denen die Widdersphingen von Karnak, rechts dahinter der Stein von Rosetta und zentral im inneren Bild der Sphinxkopf von Gize zu identifizieren sind. Entlang des Flusslaufes, der zugleich den Weg der napoleonischen Eroberung von Nord nach Süd markiert, sind ausgehend vom Obelisken von Alexandria – auch Nadel der Kleopatra genannt – die Tempelanlage von Dendera und am Horizont der Trajan-Kiosk mit dem Isis-Heiligtum in Philae skizziert. Die Nilinsel Philae markiert zugleich den südlichsten Punkt, bis zu dem der französische Eroberungszug vordringen konnte. Die in dem Frontispiz eingenommene Perspektive des französischen Eroberungszuges von Nord nach Süd in seinen Markierungen der antik-ägyptischen Denkmäler wird in dem umlaufenden und antikisierend gestalteten Figurenfries der Torarchitektur weiter ausgedeutet. Im Zentrum des oberen Balkens wird Napoleon auf einem Streitwagen dabei dargestellt, wie er die vor ihm zurückweichenden Mamelucken aus Ägypten vertreibt. In seinem Rücken folgen ihm in weiblicher Gestalt personifiziert die Künste und die Wissenschaften, während im unteren Fries die besiegten Völker Ägyptens im Zeichen des Buchstabens "N" dem französischen Kaiser ihren Tribut leisten. Auf den seitlichen Rahmenleisten sind Tropaia mit den Namen der Schlachten platziert, die Frankreich gewonnenen hat.
Die herausragende Bedeutung des Titelblatts zeigt sich schon an seiner Platzierung am Anfang des Werkes. In seiner visuellen Gestaltung ist es als Blickfang zur Eröffnung des Gesamtwerks konzipiert, aber auch im Sinne der metaphorischen Funktion einer Leseanleitung für die nachfolgenden 21 Bände zu verstehen, in denen sich das Gesamtunternehmen entfaltet.40 In Synthese der visuellen Gestaltung des Blattes wird das Selbstverständnis der napoleonischen Ägyptenexpedition deutlich: Die militärische Operation Napoleons versteht sich als eine zivilisatorische Mission, die in Begleitung der Wissenschaften und der Künste die antike Hochkultur Ägyptens nach Jahrhunderten von der Herrschaft der Mamelucken und der Osmanen "befreit". Der vollständige Titel betont die neutrale Beschreibung, die Zusammenstellung einer Sammlung von Beobachtungen und Forschungen in der die Fortschrittsmetaphorik der Aufklärung zu erkennen ist.41 Im Falle des militärischen Sieges hätte die immense Informationsmenge die logistische Grundlage für den Aufbau eines französischen Kolonialreiches abgegeben. Im Vordergrund stand dabei die in den einzelnen Bänden entwickelte Wahrnehmung Ägyptens als einer wissensgeschichtlich noch weitgehend unbekannten Ressource. Diese galt es unter der Perspektive eines sich gerade etablierenden modernen Wissenschaftsverständnisses, das sich verstärkt auf die genaue Beobachtung und Dokumentation stützt, zu erschließen. Kolonialismus und Wissenstransfer arbeiteten also im speziellen Fall der Description Hand in Hand bzw. das wissenschaftlich-künstlerische Resultat wird zu einer Ersatzleistung für die nicht gelungene militärische Eroberung und Inbesitznahme Ägyptens.
1822 erscheint der Band über Memphis mit dem Pyramidenfeld von Gizeh.42 Darin befinden sich auch mehrere Tafeln mit den Darstellungen von Sphinx und Pyramiden. Besonders ein Kupferstich zeigt das Motiv in einer Weise, die in mehrerer Hinsicht an die Darstellung Vue de la tête colossale du Sphinx von Cassas (siehe oben) erinnert. Der Kopf der Sphinx, deren Körper noch bis zum Hals im Sand steckt, überragt monumental die Ausgrabungsstätte und nimmt die linke Bildhälfte ein. Die große Pyramide und ihre kleineren Ableger bilden den Hintergrund. Deutlich legt der Zeichner das Augenmerk auf das Haupt der Sphinx und die Gestaltung ihrer Oberflächen: Die Zerstörungen an der Nase, die durch Klima und Zeit bedingte Erosion des Steins, die auf Gesicht und Hals ihre Spuren hinterlassen haben, bis hin zur Einzeichnung der Pupillen – die zu einer Verlebendigung der Sphinx führen. Stellt man den Kupferstich der Description in Vergleich zu dem Aquarell von Cassas wird deutlich, wie hoch – trotz der "Autopsie" des Befundes vor Ort – der illusionäre Anteil an der visuellen Imagination dieses antiken Monuments ist. Dabei weichen die beiden Bilder vor allem hinsichtlich der Darstellung der Zerstörungen des Gesichts stark von einander ab. Bei Cassas geht die fiktiv-imaginäre Vervollständigung soweit, dass die Gesichtszüge der Sphinx vollständig rekonstruiert werden, während im Kupferstich der Description die Zerstörungen zum zentralen Darstellungsmerkmal der Sphinx geworden sind. Worauf beide nicht verzichten, ist die durch Licht- und Schatteneinzeichnung gewonnene geheimnisvolle Präsenz des Monuments. Was in der Darstellungsweise der Description weiter vorangetrieben wird, ist der betont sachliche Zeichenstil und die damit verbundene Darstellung der archäologischen Arbeit. Die Sphinx scheint erst durch die Ausgrabung freigelegt worden zu sein. Im Bildvordergrund öffnet sich das Bild zum Betrachter hin eine Ebene, die durch die Ausgrabung entstanden ist – deutlich zu erkennen an den im Bildmittelgrund aufgehäuften Sandbergen. Auf der Ausgrabungsfläche und im Schatten der Sphinx sind die miniaturhaften Gestalten der einheimischen Helfer zu sehen. In der unteren rechten Ecke des Bildes weist eine napoleonähnliche Figur mit ausgestreckter Hand auf die Sphinx. An diesen narrativen Elementen, die an die Staffageensembles der Landschaftsmalerei erinnern, zeigt sich, wie sich die Bedingungen des kulturellen Transfers mit der Description verändert haben. Indem die europäische Reisekultur in Form militärisch organisierter, wissenschaftlicher Expeditionen fortgeführt wird, bestimmt nicht mehr die Inszenierung einer exotistischen Staffage mit vor antiken Ruinen lagernden Orientalen die Reisedarstellung und die darin eingegangene Fremdheitserfahrung, sondern das Personal aus Wissenschaft und Politik. Die napoleonähnliche Figur vor dem antiken Monument dokumentiert zudem die koloniale Präsenz und die wissenschaftliche Inbesitznahme durch das Werk der Description.
Die archäologische Arbeit – das Betrachten, Vermessen, Zeichnen – Napoleons und der Teilnehmer der Expedition sind in einer Vielzahl von weiteren Kupferstichen der Description zu sehen. Nur auf zwei Beispiele sei verwiesen: Es handelt sich zum einen um eine weitere Darstellung von Pyramiden und Sphinx aus dem fünften Band und um die Ansicht des Koloss von Theben in Karnak aus dem dritten Band zum antiken Ägypten.43 Das dargestellte Personal dient dazu, neben seiner Funktion als Maßstab, der dem Betrachter zuhause die Größendimensionen auf einen Blick veranschaulicht, die wissenschaftliche Arbeit an den antiken Monumenten bzw. die Expedition zu vergegenwärtigen. So entsteht eine Ikonographie der "wissenschaftlichen Zeichnung" als Teil einer wissenschaftlichen Expedition. Nach der voyage pittoresque, wie sie in Begleitung der Grand Tour entstanden ist, organisieren diese neuen künstlerischen Darstellungsformen unter den Vorzeichen von Wissenschaft und Kolonialismus nun den Wissenstransfer aus den Orient.