Freizeit und Technik

von by Stefan Poser Original aufOriginal in Deutsch, angezeigt aufdisplayed in Deutsch
PublishedErschienen: 2010-12-03
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    Generalisierend betrachtet hat die verfügbare Freizeit seit Mitte des 19. Jahrhunderts immer weiter zugenommen; diese Entwicklung mündete in den 1980er Jahren in Westeuropa in die sogenannte Freizeitgesellschaft, die durch frei verfügbare Zeit als gesellschaftlich und wirtschaftlich relevantes Phänomen gekennzeichnet ist. Freizeit bietet dabei einen Rahmen für ein sehr breites Feld von individuellen Handlungsmöglichkeiten und Tätigkeiten, die jeweils zeitgenössische Veränderungen spiegeln. Dreh- und Angelpunkt der meisten Aktivitäten scheint zumindest seit der Industrialisierung die Durchdringung der Freizeit mit der sich immer schneller entwickelnden Technik. Technik ist – wie in diesem Artikel gezeigt werden soll – sowohl mit den Rahmenbedingungen von Freizeit als auch mit ihrer Ausformung verbunden.

    InhaltsverzeichnisTable of Contents

    Einführung

    Als selbst gestaltbare, frei verfügbare Zeit bietet die Freizeit den Rahmen für ein sehr breites Feld von individuellen Handlungsmöglichkeiten und Tätigkeiten. Sie reichen vom aktiven Handeln bis zur passiven "Berieselung", vom eigenen Produzieren bis zum ostentativen Konsumieren, von ruhigen, stillen Tätigkeiten zu Hause, wie dem Lesen, über die Hausmusik bis zu Technoparties, von In-door-Aktivitäten wie dem Fernsehen oder Computerspielen, über Gaststätten-, Jahrmarkts- oder Museumsbesuche sowie Shopping und Out-door-Sport bis zu touristischen Reisen in den Weltraum. Es handelt sich also um Aktivitäten in sehr unterschiedlichen Räumen und Konstellationen, die zum Teil nur mit Hilfe von Technik erfahrbar sind. Historische Untersuchungen dieser Aktivitäten und ihres Wandels sowie des zeitspezifischen Handelns von Akteuren sind dabei ebenso gewinnbringend wie Analysen der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen, die diese idealiter völlig frei gestaltbaren Handlungsräume beeinflussten oder gar prägten.

    Die begriffliche Abgrenzung von Freizeit und einer Zeit der fremdbestimmten (Lern-)Arbeit bildete sich wohl im Kontext des Schulwesens aus und wurde im Zuge der Industrialisierung auf Freizeit und Erwerbsarbeit übertragen.1 Das Phänomen der frei verfügbaren Zeit lässt sich freilich auch vor der Begriffsbildung ausmachen. Entsprechend ist es fruchtbar, die frei verfügbare Zeit und ihre Ausgestaltung auch für die ältere Vergangenheit zu untersuchen.2

    Für die Ausprägung einer positiven Vorstellung von Freizeit als konstruktiv gestaltbarer Zeit war aufklärerisches Gedankengut zu Freiheit und Mündigkeit des Menschen grundlegend.3 Generalisierend betrachtet hat die verfügbare Freizeit seit Mitte des 19. Jahrhunderts immer weiter zugenommen. Dreh- und Angelpunkt der meisten Aktivitäten scheint – so die Argumentation dieses Beitrags – zumindest seit der Industrialisierung die Durchdringung der Freizeit- mit der Technikentwicklung. Und dies im doppelten Sinne: Voraussetzung der Teilnahme an Freizeitaktivitäten sind Zeit und Geld, die durch vermehrten Technikeinsatz und Produktivitätssteigerungen erwirtschaftet wurden. Die Freizeitaktivitäten selbst – sei dies nun das Fernsehen zu Hause oder eine Flugreise in den Urlaub – sind zunehmend durch Technik geprägt. Technik ist also sowohl mit den Rahmenbedingungen von Freizeit als auch mit ihrer Ausformung verbunden. Der Artikel stellt zunächst die Begriffsgeschichte dar; im Folgenden analysiert er die wissenschaftliche und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen Freizeit und fokussiert auf Freizeit als Teil einer zunehmend technisierten Lebenswelt.

    Begrifflichkeit

    Im Schulwesen findet sich frühzeitig die Überlegung, dass dem Unterricht eine Erholungsphase entsprechen müsse – so beispielsweise bei Johann Amos Comenius (1592–1670), der in diesem Zusammenhang von vacatio und recreatio spricht.4 In diesem Kontext verwendet der Pädagoge Friedrich Fröbel (1782–1852) den Begriff "Freizeit" – allerdings im Sinne einer Pause oder eines Urlaubs vom regelmäßigen Unterricht: Lehrer und Schüler benötigten nach Verlauf mehrerer Monate Unterricht eine Zeit, "wo der Gebrauch derselben für sie von der gewöhnlichen und strengen [Unterrichts-]Folge losgesprochen und ihnen zur Anwendung nach ihren persönlichen und individuellen Bedürfnissen freigegeben ist". Diese Zeit diene der Wiederholung, Übung und Vorbereitung, enthalte aber auch eine ganz freie "Erholungszeit": Die ersten Tage der "Freizeit in den Weihnachten sind den Freunden gewidmet".5 Der Realschuldirektor Wichard Lange (1826–1884) unterstreicht in einer Schrift von 1861 unter Verwendung des Freizeitbegriffs die Bedeutung von Pausen für Schüler: Zur Konzentrationsförderung sollten sie sich nach jeder Stunde einmal wieder "frei ergehen und austummeln" können.6 Obwohl diese Beschreibungen heutigen Vorstellungen von Freizeit in Abgrenzung zur Arbeitszeit durchaus entsprechen, bildete sich der Begriff erst langsam aus; so wird "Freizeit" noch im Großen Brockhaus von 1930 lediglich im Sinne von "Rüstzeit" als eine mehrtägige, organisierte Zusammenkunft "gesinnungsverwandter Menschen" beschrieben, die der gemeinsamen Erholung oder geistigen Arbeit dient.7 Im dtv-Lexikon von 1982 wird Freizeit in Abgrenzung zur Arbeit beschrieben als "der (im einzelnen unterschiedlich definierte) Zeitraum, der dem arbeitenden Menschen neben seiner berufl. oder berufsähnl. Verpflichtungen verbleibt (als Gesamtheit dieser 'Nicht-Arbeitszeit' oder nur als die darin enthaltene 'Mußezeit' definiert)".8 Neben der Zeit zur Regeneration (Ernährung, Schlaf, Körperpflege) nennt der Autor die frei disponible, "verhaltensbeliebige" Zeit, die zum Vergnügen, zu Tätigkeiten zur Selbstverwirklichung, besonders zur Pflege sozialer Kontakte, von Interessengebieten sowie von künstlerischen und handwerklichen Neigungen dient. Dem – hier zu ergänzenden – "Freizeitsport" wird ein eigener Eintrag gewidmet.9 Außerdem erwähnt der Autor die Zunahme der Freizeit infolge der Verkürzung der Arbeitszeit und nennt bereits die "Freizeitindustrie" als Sammelbegriff für freizeitbezogene Produktions- und Dienstleistungsunternehmen.10 Damit weist er implizit auf die Technikbasiertheit der Freizeit hin. Während Jürgen Habermas 1971 zeigt, dass Freizeit "in einer Gesellschaft, deren zentrale Kategorie immer noch die Arbeit ist", nur eine Restgröße sein kann,11 hat diese Kategorie inzwischen an Bedeutung eingebüßt; entsprechen wird in der jüngeren Literatur darauf hingewiesen, dass die bisher übliche dualistische Abgrenzung von Freizeit und Arbeitszeit heute zu kurz greift und die spezifische Qualität der mit Freizeit verbundenen Freiheit herausgestellt. Freizeit ist folglich umfassend "alle Zeit, in der freie Selbstbestimmung möglich ist".12

    Freizeitforschung und Sozialpolitik

    Freizeit wurde schon im 19. Jahrhundert zum eigenständigen Thema von Forschung und sozialpolitischen Diskursen. So widmete beispielsweise der an der Friedrich-Wilhelms-Universität lehrende Hegelschüler Carl Ludwig Michelet (1801–1893) 1849 ein Kapitel seines Buches Die Lösung der gesellschaftlichen Frage einer "Gliederung des Genusses". Dabei unterscheidet er öffentliche Geselligkeit und Familienleben und stellt heraus, dass das Genießen eine Frage der Lebensgestaltung sei.13 Ein 1858 erschienenes Lehrbuch für Empirische Psychologie enthält ein Kapitel zu Arbeit und Erholung, in dem der Autor Gustav Adolph Lindner (1828–1887) herausarbeitet, dass eine Erholung von der Arbeit nicht nur in entspannenden Tätigkeiten bestehen, sondern aktiv durch gymnastische Übungen, Spiele, Feste, Theaterbesuche oder auch Naturbetrachtung und Lektüre gestaltet werden solle. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die "seelische" Bedeutung einer arbeitsadäquaten Erholung.14

    Vorrangig nahmen sich Personen und Institutionen der Freizeitfrage an, die sich für Arbeiterschutz, Hygiene und Arbeiterwohlfahrt einsetzten; so galt ein sozialpolitischer Kongress der Berliner Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen bereits 1892 der Freizeitgestaltung.15 Anliegen der Tagung war eine "zweckmäßige Verwendung" der freien Zeit und eine "Veredelung der Erholung".16 Entsprechend stand Bildung im Vordergrund, gefolgt von Erholung; zudem wurden Rahmenbedingungen zur Freizeitgestaltung besprochen: Vortragsveranstaltungen, "Handfertigkeitsunterricht", Bücher- sowie Bildersammlungen und Arbeiterbildungsreisen wurden ebenso thematisiert wie Ferienreisen, Betriebsausflüge und Unternehmensfeiern, der Unterhalt von Bibliotheken und Theatern ebenso wie die Eröffnung von Turn-, Gesang- und Musikklubs für Arbeiter; weitere Themen waren die Gründung von Arbeitergärten sowie von Arbeiter- und Lehrlingswohnheimen. Zur Kongressvorbereitung führten die Veranstalter nach Vorbild Umfragen bei Unternehmern, Arbeitern und Verwaltungsbeamten durch, die sie qualitativ auswerteten.17 In Zeitschriften wurden an der Wende zum 20. Jahrhundert die Bedeutung von Muße sowie das Recht auf Muße diskutiert; im Zuge einer PhD-Arbeit über die Freizeitgestaltung von Arbeitern von 1912 wertete der Autor entsprechende statistische Erhebungen wohl zum ersten Mal quantitativ aus.18 Als faszinierendes, modernes Freizeitangebot fand vor dem Ersten Weltkrieg insbesondere das Kino wissenschaftliche Beachtung; so erforschte Emilie Altenloh (1888–1985) im Rahmen einer soziologischen Dissertation die Besucherstruktur von Kinos.19

    Nach dem Ersten Weltkrieg hatte das Thema so weit an Bedeutung gewonnen, dass das Arbeitsministerium 1920 eine Enquête sur l'utilisation des loisirs crées par la journée de huit heures einsetzte. Das Internationale Arbeitsamt in sah die Arbeiterfreizeit als eine seiner wichtigsten Aufgaben an und gab 1924 Empfehlungen zur Freizeitfrage von Arbeitern heraus.20 Seine Vorschläge hatten das Ziel, "'Freizeit' im eigentlichen Sinne des Wortes zu ermöglichen".21 In einem Geleitwort des Weltkongresses für Freizeit und Erholung hieß es zwölf Jahre später euphemistisch: "Die Völker bemühen sich heutzutage nicht bloß, Arbeit zu schaffen und die Arbeitsbedingungen ... zu verbessern, sondern sie wollen auch die Arbeit glücklich und die Freizeit fröhlich gestalten".22 Das Internationale Arbeitsamt hatte ökonomisch argumentiert, ein Ausgleich zur Arbeit durch geeignete Freizeit erhöhe die Leistungsfähigkeit der Arbeiter und sei die "sicherste Bürgschaft des Fortschritts für alle industriellen Gemeinschaften".23 Dabei stand die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen im Vordergrund: Arbeitszeitverkürzung und ein hinreichendes Lohnniveau wurden ebenso gefordert wie die Verbesserung der Hygiene und der Wohnverhältnisse sowie die Bekämpfung von Alkoholismus. Empfehlungen, die sich direkt auf die Schaffung von Freizeitangeboten bezogen, galten Einrichtungen, die

    a) "die häusliche Wirtschaftsführung und das Familienleben des Arbeiters heben (Arbeitergärten, Schrebergärten, Kleintierzucht)" – hier sollten Erholung und "wirtschaftlicher Vorteil" miteinander verbunden werden,
    b) "die körperliche Kraft und Gesundheit des Arbeiters durch Ausübung von Sport fördern, der den unter die äusserste Arbeitsteilung der modernen Industrie fallenden Arbeitern Gelegenheit zur freien Entfaltung ihrer Kräfte gibt und sie mit neuer Spannkraft und neuem Wetteifer erfüllt", sowie
    c) "die berufliche und allgemeine Bildung fördern (Bibliotheken, Lesesäle, Vorträge, Kurse zur beruflichen und allgemeinen Fortbildung usw.)".

    Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass eine solche Förderung die Freiheit der Nutzer nicht tangieren solle.

    In der wirtschaftlich prosperierenden Phase der zweiten Hälfte der 1920er Jahre war das Thema Freizeit in der Gesellschaft so weit verankert, dass es sich für eine Popularisierung durch Ausstellungen eignete und dies wohl zu seiner weiteren Etablierung beitrug. Entsprechend war Freizeitgestaltung ein Thema der umfassenden Ausstellung über Gesundheitspflege, Sozialfürsorge und LeibesübungenGESOLEI von 1926.Bildquelle: Mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband - Gesamtverband, Berlin, http://www.zeitzeichen.paritaet.org/index.php?id=885#top Als Kernbereich wurden Sport beziehungsweise Leibesübungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet; hierzu gehörten die Darstellung der sportmedizinischen Forschung und ein Ausstellungsbereich zum Sport in der Kunst ebenso wie Wettkämpfe, die anlässlich der Ausstellung stattfanden.24 In den 1930er Jahren wurden erste internationale Tagungen zum Hauptthema Freizeit organisiert – so in 1930, 1932, 1935, Hamburg 1936 und 1938. Verbunden mit dem zunehmenden Interesse an der Freizeitproblematik war im nationalsozialistischen der Versuch der politischen Einvernahme der Freizeit – insbesondere mittels der Organisation Kraft durch Freude, deren Vorbild Dopolavoro (dt: nach der Arbeit) im faschistischen war. Die zur Selbstdarstellung genutzte, scheinbar moderne Freizeitförderung der Nationalsozialisten war mit einer Überwachung der Freizeit verbunden, die dem Freiheitsgedanken zuwiderlief und damit letztlich die Freizeitbestrebungen pervertierte.25

    Frühe statistische Untersuchungen zum Konsum- und Freizeitverhalten der Bevölkerung entstanden in den an der Wende zum 20. Jahrhundert und wurden in Staaten seit den 1950er Jahren vorgenommen, als das Freizeitphänomen hier stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit drang.26 Inzwischen ist die Freizeitforschung ein Thema zahlreicher wissenschaftlicher Disziplinen wie der Pädagogik, der Soziologie, der Geschichte, der Geographie, den Medienwissenschaften sowie den Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften. Freizeitpädagogik und Freizeitsoziologie bildeten sich als Subdisziplinen aus; mit den transdisziplinär ansetzenden Leisure Studies entstand eine eigene wissenschaftliche Disziplin, deren erste Ansätze bereits in den 1930er Jahren in den USA entwickelt wurden.27 Die genannten Zugänge zur Freizeitforschung umfassen sowohl gestaltend Einfluss nehmende als auch beobachtend-analysierende Konzepte. Entsprechend unterschiedlich sind ihre Forschungsansätze und -ziele. Infolge der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung der Freizeit gewann insbesondere die Frage der umweltverträglichen, nachhaltigen Freizeitgestaltung in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung.28

    Freizeitaktivitäten im Überblick

    Als traditionelle Formen der Freizeitgestaltung lassen sich das Tanzen, Festveranstaltungen verschiedener Art, der Jahrmarkts- und Gasthausbesuch, Opern- und Theaterabende sowie das Lesen, Malen und Musizieren nennen, seit dem 18. Jahrhundert die zunächst dem Adel vorbehaltene Kavaliers- und Bildungsreise, der Besuch von Salons, an der Wende zum 19. Jahrhundert der Museumsbesuch.29 Als eine klassische Freizeitaktivität im 19. Jahrhundert erscheint das Flanieren in der Stadt. Im Zuge von Industrialisierung und Stadtwachstum gewannen nicht nur Städte an touristischer Attraktivität, sondern – als Gegenwelt zum städtischen, technisierten Alltag – auch scheinbar unberührte Naturräume.30 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden zahlreiche Sportarten aus England übernommen und verbreiteten sich rasch über den Kontinent.31 Erste Ansätze des Breitensports gehen ebenso auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück wie die Verknüpfung von Sport und Gesundheit.32

    Während bei der ersten Weltausstellung 1851 im Crystal PalaceErste Weltausstellung (Great Exhibition of All Nations, Crystal Palace) London 1851, Graveur: George Cruikshank (1792-1878), Bildquelle: Library of Congress (Reproduction Number: LC-USZ62-93899), http://hdl.loc.gov/loc.pnp/cph.3b40072 der Vergleich der technischen Entwicklung im Vordergrund gestanden hatte, gewann die Unterhaltung der Besucher in den folgenden Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung und eine Freizeitattraktion, das erste Riesenrad"World's Columbian Exposition: Ferris Wheel, Chicago, United States, 1893". Lantern slide, 3.25 x 4, Photograph: Starks W. Lewis, Mit freundlicher Genehmigung: Brooklyn Museum Archives. Goodyear Archival Collection. Visual materials [6.1.016]: World's Columbian Exposition lantern slides (1893), http://www.brooklynmuseum.org/opencollection/archives/image/353/set/4dfa4f9f0e1e7c971cdd679451853e74?referring-q=Ferris+Wheel, wurde zum Wahrzeichen der Ausstellung 1893.33 Im Zuge der Hochindustrialisierung erlebte der Jahrmarkt einen Höhepunkt seiner Attraktivität; die Nutzung von Dampf und Elektrizität als Antrieb ermöglichte immer schnellere und aufwändigere Fahrgeschäfte, zeitgenössische Verkehrsmittel boten immer neue Vorbilder für den Karussellbesatz – ergänzt durch zunehmend hellere elektrische Beleuchtung.34 Über den Jahrmarkt und über Varietévorführungen etablierte sich das Kino, das bis zur massenhaften Verbreitung des Fernsehens in den 1960er Jahren zu den wichtigsten Freizeitbeschäftigungen zählen sollte.35 Das Radio bedeutete in den 1920er Jahren eine technikbasierte Erweiterung der häuslichen Freizeitgestaltung, bei der die Zuhörer erstmals in "Echtzeit" an Ereignissen außer Haus partizipieren konnten.36 Diese Entwicklung sollte sich durch den Fernseher und das Internet noch intensivieren. Während Radio und Fernsehen eine weitgehend passive Form des Freizeitkonsums förderten, erforderte die Nutzung des Internet ein gewisses Maß an aktivem Handeln. Infolge steigender Gehälter und einer wachsenden Zahl von Urlaubstagen kam es seit den späten 1950er Jahren zu einer beträchtlichen Ausweitung des touristischen Reisens; sowohl die Distanz zum Urlaubsort als auch die Zahl der Urlauber wuchsen erheblich. Lag der Anteil der Urlaubsreisenden an der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung in den 1960er Jahren noch bei 10%, so betrug er in den 1980er Jahren schon 40% und kletterte bis zur Jahrtausendwende auf etwa 70%.37

    Während die Freizeitgestaltung in den 1950er Jahren primär durch Erholungssuche und Regeneration von der durch lange Arbeitszeiten geprägten Erwerbsarbeit gekennzeichnet zu sein scheint, gewann in den folgenden Jahrzehnten die Nutzung der Freizeit zum Konsum zunehmend an Bedeutung: Auto, Fernseher und Mode wurden zu Statussymbolen.38 Der Entwicklung der Konsumgesellschaft korrespondierte die Ausprägung des Einkaufens als schichtenübergreifende Freizeitbeschäftigung. Dies führte bei vielen Menschen zum Besitz einer wachsenden Zahl von Utensilien zur Freizeitbeschäftigung – von Spielen, Büchern und Photoapparaten über Musik- und Videoanlagen bis zu Sportgeräten. Wegen einer ersten Sättigung der Nachfrage nach solchen Artikeln des Wohlstandkonsums in den 1980er Jahren wurde das Einkaufen – entsprechend der einsetzenden Umorientierung von Freizeitaktivitäten – in der Werbung mit touristischen Reisen verknüpft. Das Ziel des besonderen Erlebens trat nun in den Vordergrund.39 Nicht von ungefähr verbreiteten sich seit den 1980er Jahren zahlreiche neue Sportarten wie das Mountainbiking oder das Paragliding, die durch ein beträchtliches Risiko und einen daraus resultierenden "Kick" geprägt sind.40

    Der Erlebnismarkt hat sich zu einem beherrschenden Bereich des täglichen Lebens entwickelt. Er bündelt enorme Mengen an Produktionskapazität, Nachfragepotential, politischer Energie, gedanklicher Aktivität und Lebenszeit. Längst sind Publikum und Erlebnisanbieter aufeinander eingespielt. ... Routiniert sind auch die Nachfrager geworden. Alles wird ausprobiert ...41

    Als Gegenbewegung hierzu scheinen in jüngster Zeit gesundheitsorientierte Freizeitangebote wie Wellness oder Ayurveda an Bedeutung zu gewinnen; auch das Chillen passt als eine Form des gepflegten Nichtstuns in dieses Bild. Charakteristisch für die soeben genannten Freizeitaktivitäten ist, dass deren Inhalte zwar Modernisierungsprozessen unterworfen sind, aber nur wenige davon "ausstarben", dass vielmehr andere, neue, häufig technikbasierte Aktivitäten hinzukamen, die unter Umständen das Interesse an älteren reduzierten.

    Freizeit und Technik

    Spätestens seit der Industrialisierung sind Technik und Freizeitgestaltung auf mehreren Ebenen miteinander verbunden:42

    1. Die Nutzung von Freizeitangeboten und die Freizeitmobilität haben durch Techniknutzung zugenommen.
    2. Aus kommerziellen, wissenschaftlichen oder militärischen Kontexten stammende Technik wurde und wird zur Freizeitnutzung weiterentwickelt, neue Technik durchläuft häufig eine Phase der Freizeitnutzung, in der sie optimiert wird, oder eine Technikentwicklung erfolgt gezielt für den Freizeitsektor.
    3. Technische Artefakte dienen als Vorbild für Modelle, die in der Freizeit angefertigt oder genutzt werden.
    4. Technik wird von den Konsumenten zur Freizeitgestaltung umgenutzt.
    5. In der Freizeit genutzte Technik ermöglicht eine Identifikation mit ihr.

    Freizeitangebot und Freizeitmobilität

    Eisenbahn, Fahrrad, Auto und Flugzeug veränderten die Mobilität der Bevölkerung beträchtlich; dies wirkte sich auf den Freizeitverkehr und die in Abhängigkeit vom jeweiligen Verkehrsmittel erreichbaren Fahrziele aus.43 So setzten britische Eisenbahngesellschaften frühzeitig Ausflugszüge ein; Orte an der Küste wurden ebenso angefahren wie reizvolle Regionen im Inland; auch Sportveranstaltungen und Industrieausstellungen waren Ziele von Sonderzügen. Schon um 1860 transportierten diese Züge jährlich mehrere Millionen Passagiere – hinzu kam der Ausflugsverkehr mit regulären Zügen.44 Zeitgenossen sahen sehr wohl, dass hier eine neuartige Qualität der Mobilität entstanden war, die oft mit Fortschritt gleichgesetzt wurde:

    To-day we travel in many wonderous ways. The great liners that go all over the great seas are floating palaces, and we can cross the Atlantic Ocean ... in little over a week. Then we have the ... Motor Omnibus, ... and Electric railways under-ground, but the last, I am going to mention is, to my mind, the best of all, the Express Train, that carries us away for a happy holiday. ... When our great-grandfathers lived, there were no trains at all ... so they did not travel nearly as much as we do now ... But think, what wonderful progress we have made since those days.45Brettspiel Express Train für den englischen Markt, deutscher Hersteller um 1910. Mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Technikmuseums, Berlin, Historisches Archiv.

    Der Bau der Südbahn () erleichterte den Einwohnern Wiens seit 1842 die Fahrt in das Wander- und Sommerfrischegebiet von und , dessen touristische Erschließung in Verbindung mit dem Eisenbahnbau einen beträchtlichen Aufschwung nahm.46 Wander- und Kletterwege, Berghütten und Gasthöfe, Berg- und Seilbahnen, später auch Skipisten wurden angelegt.Werbeplakat für den Wintersportort Cortina d'Ampezzo in den italienischen Dolomiten, Ente Nazionale per le Industrie Turistiche, farbige Lithographie, 100 x 68 cm, o. J. [ca. 1920], unbekannter Künstler, Rom: A. Marzi; Bildquelle: DIGITAL ID: (digital file from color film copy transparency) cph 3g12496 http://hdl.loc.gov/loc.pnp/cph.3g12496. Die Freizeitnutzung veränderte eine Region beträchtlich, die bis dahin teilweise agrarisch genutzt, zu großen Teilen jedoch kaum von Menschen betreten worden war.47 Ähnliches sollte seit den ausgehenden 1960er Jahren in beträchtlich größerem Maßstab im geschehen: Die Entwicklung des Charterflugverkehrs führte infolge verkürzter Reisezeiten und reduzierter Kosten zu einem Urlauberansturm auf die , die seit den 1960er Jahren massentourismusadäquat ausgebaut beziehungsweise verbaut wurdenBenidorm an der Costa Blanca in Spanien um 2000. Bildquelle: Wikimedia Commons, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Benidorm2.jpg?uselang=de .48 Besonders gravierend ist der daraus resultierende Strukturwandel in , wo eine ländliche, weitgehend durch Fischerdörfer geprägte Küstenregion nahezu geschlossen mit einer stadtähnlichen Bebauung von mehreren 100 Kilometern Länge und nur wenigen 100 Metern Breite überzogen wurde.49

    Die wachsende Freizeitmobilität wirkte sich auch auf einzelne Freizeitangebote und deren Nutzerzahlen aus. Dabei ermöglichte die Technik sowohl neue Veranstaltungsangebote wie das Vorführen von Filmen als auch größere Zuschauerzahlen bei klassischen Veranstaltungen. Als in den 1930er Jahren die ersten Konzerte mit Verstärkeranlagen stattfanden, gelang es, auch große Freiluftbühnen oder Sportarenen zu bespielen. Hinzu kamen Übertragungen im Radio sowie später im Fernsehen, die den Hörerkreis abermals erweiterten. Ergänzt wurden die Aufführungen in jüngerer Zeit durch Präsentationen auf Großbildleinwänden. Den Medien entsprechend veränderte sich jeweils das Musikerlebnis; einige Regisseure bezogen den nun beschallbaren Raum künstlerisch in ihre Inszenierungen ein, indem sie szenische Darstellungen und Musik an verschiedenen Plätzen miteinander kombinierten.50 Da gleichzeitig Komponisten und Interpreten mit neuen technischen Möglichkeiten experimentierten, wirkte sich der Technikeinsatz nicht nur auf die Zahl der potentiellen Konzertbesucher aus, sondern eröffnete auch neue Möglichkeiten kreativen Gestaltens.51

    Technikentwicklung zur Freizeitgestaltung

    Die Mehrzahl der Technikentwicklungen zur Freizeitgestaltung dürfte mit einer Vereinfachung von Technologien verbunden sein, die zuvor außerhalb des privaten Massenkonsums genutzt wurden. Als Beispiel hierfür sei der Photoapparat genannt. Zwar trugen Wanderphotographen, die Jahrmärkte bereisten, seit den 1860er Jahren erheblich zur Popularisierung der Photographie bei52 und legten damit eine Grundlage für die Freizeitnutzung des Photoapparats. Das Photographieren war jedoch bis zur Einführung des Rollfilms auf Zelluloidbasis durch George Eastman (1854–1932) in den 1880er Jahren so aufwändig, dass es praktisch nur für Berufsphotographen in Frage kam. Durch die Kombination mit kostengünstigen und leichten filmbestückten Kameras, die zur Entwicklung seinen Laboren zurückgegeben wurden, legte der Unternehmer die Grundlagen zur massenhaften Verbreitung der Photographie und zum Photographieren als Freizeitbeschäftigung.53 Als Konsumgut setzte sich der Photoapparat in allerdings erst im Laufe der 1960er und 1970er Jahre durch; dabei trugen einfache, leicht bedienbare Apparate mit automatischer Belichtung dazu bei, dass Photos zur üblichen Dokumentation von Freizeit- und Familienereignissen wurden.

    Insbesondere für Sport und Jahrmarkt kam und kommt es jedoch zu Hightechentwicklungen. Dabei kann es sich sowohl um spezifische Technik zur Freizeitnutzung handeln – so bei der AchterbahnSieboldts Rigi-Turmbahn, Schwarz-Weiß-Photographie, um 1925, unbekannter Photograph; Bildquelle:  Markt- und Schaustellermuseum Essen[Zwei Fahrgäste der "Rigi-Turmbahn" des Bremer Ingenieurs und Schaustellers Sieboldt, nach 1925, Bildquelle: Markt- und Schaustellermuseum Essen] – als auch um Weiterentwicklungen von Technik, die für kommerzielle Nutzung nicht mehr relevant ist, wie im Falle von Segel- oder Ruderbooten seit Mitte des 19. Jahrhunderts, oder auch um eine Technik in der Erprobungs- und Einführungsphase wie bei Automobil und Flugzeug vor dem Ersten Weltkrieg.54 Zur Freizeitgestaltung zählt sowohl der Besuch von (Profi-)Sportereignissen als auch das (Breiten- und Freizeit-)Sporttreiben selbst.

    Auf beeindruckende Resonanz stießen frühe Flugwettbewerbe. So mobilisierte das noch im "Versuchsstadium befindliche Sportmittel" auf der ersten Berliner Flugwoche 1909 beispielsweise 150.000 Zuschauer.55 FlugveranstaltungenAmerikanische Flugschau, Belmont Park, New York 30. Oktober 1910, unbekannter Photograph, Bildquelle: Library of Congress Prints and Photographs Division Washington (Reproduction Number: LC-USZ62-45022), http://www.loc.gov/pictures/resource/cph.3a45232/ wurden zu massenwirksam inszenierten Großereignissen mit Volksfestcharakter, die trotz beträchtlicher Unfallgefahren eine ungebrochene Technikeuphorie vermittelten und eine nahezu mystische Verklärung des Fluggeräts förderten.56 In technischer Hinsicht war diese durch Flüge von zunächst wenigen Minuten und zahlreiche Pannen gekennzeichnete Zeit der Erprobung und Popularisierung ausgesprochen wichtig. Während es hier um die Weiterentwicklung einer neuen Technologie ging, entwickelte man im Falle des Ruderns eine bereits jahrhundertealte Antriebstechnik zu Sport- und Freizeitzwecken weiter, obwohl sie durch Straßenbau und Dampfschifffahrt langsam überflüssig wurde: Ausgehend von Booten, die sich auch zum Lastentransport eigneten, entwickelten sich Rudersportboote schon im Laufe des 19. Jahrhunderts zu den schnellsten muskelbetriebenen Wasserfahrzeugen. Wie weit deren ausschließlich für Sport und Freizeit erfolgenden Konstruktionen ausgereizt wurden, wird aus einer überspitzenden Darstellung in der Deutschen Turnerzeitung von 1886 deutlich: Das Ziel der

    Erreichung möglichster Schnelligkeit im Fahren ... hat den ... Bau [von Ruderbooten] in einer Weise beeinflußt, daß schließlich nur noch ein Zerrbild eines Fahrzeugs übrig blieb: lange, ganz schmale Dinger, mit Wänden so dünn wie Cigarrenkistchen, in die der Ruderer nur mit Mühe hineinsteigen kann. ... Mit einem solchen Fahrzeug wäre man im Nothfall nicht einmal im Stande, einen ertrinkenden Menschen zu retten; sie sind eben zu nichts nütze, als nur zum Schnellfahren.57

    Schnelligkeit und Beschleunigung gehörten und gehören zu den entscheidenden Parametern bei der Entwicklung von Fahrgeschäften für den Jahrmarkt; ihre Kombination ermöglicht Bewegungserlebnisse, die in dieser Form nur auf dem Jahrmarkt und in Freizeitparks erlebt werden können. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurden Achterbahnen gebaut, die bis zu 60 km/h erreichten, heute werden Geschwindigkeiten bis 150 km/h und Beschleunigungen von 5 g (5-fache Erdbeschleunigung) realisiert.58 Mit dem Übergang von Holz zu Eisen in den 1960er Jahren wurde die Konstruktion Fliegender Bauten zur Ingenieuraufgabe. Entsprechend begannen Bauingenieurbüros sich auf die Berechnung der Anlagen zu spezialisieren; ein Verwissenschaftlichungsprozess setzte ein. Fahrgeschäfte wurden schneller, die Bewegungen und Beschleunigungsvorgänge variantenreicher. Grundlage hierfür war der Einsatz von Hightech sowohl beim Entwurf als auch in der Konstruktion. Seit Mitte der 1990er Jahre werden sogar Linearmotoren verwendet, deren Antriebskonzept für Magnetbahnen entwickelt wurde.59 Fahrgeschäfte auf Jahrmärkten und in Vergnügungsparks vereinen also eigenständige Entwicklungen zur Freizeitgestaltung mit der Übernahme von Technologien aus anderen Branchen.

    Technik als Modell für Spielzeug

    Technik, die sich zur Darstellung von Technik für Spielzwecke eignet, muss einen gewissen "Sensationswert" oder zumindest Bekanntheitsgrad haben und gleichzeitig anschaulich sein.Abraumbagger nach dem Vorbild der Fa. Krupp, Vorlagenbuch zu einem Metallbaukasten des Herstellers Stabil, um 1930, Bildquelle: Werner Sticht, Stabilbaukästen, Internetdarstellung, http://home.arcor.de/stabil_baukasten_modelle/walther/stabil/peri4/peri4.html) Sie muss vermutlich mit Emotionen verknüpft sein, denn Bewunderung für und Interesse an einer Technik sind ein wichtiges Motiv zum Spiel mit deren modellhafter Nachbildung. Umgekehrt vermehrt eine Darstellung von Technik zu spielerischen Zwecken vermutlich deren Akzeptanz, weil der spielerische Umgang mit ihr auf die Sicht des Originals zurückwirkt. Darüber hinaus kann die Darstellung von Technik die aktive Aneignung von Technikkompetenz fördern.60 Technik eignet sich sowohl als Modell für Artefakte wie Spielzeugdampfmaschinen oder Modellbahnen, die Ende 19. Jahrhunderts aufkamen,61 als auch für computergestützte Simulationen, bei denen es einen gleitenden Übergang von der beruflichen zur privaten Freizeitnutzung gibt.62 Welche Bedeutung der Aktualität der dargestellten Technik für den wirtschaftlichen Erfolg von Modellen zukommt, sei am Beispiel der Firma Wilesco, , verdeutlicht: Als Dampfmaschinen um 1960 weitgehend aus der Industrie verschwunden waren und infolgedessen auch als Spielzeug langsam an Bedeutung verloren, kombinierte das Unternehmen ein Dampfmaschinenmodell mit der Darstellung eines AtomkraftwerksElektrische Dampfmaschine "Atomkraftwerk R 200", Werkstatt: Wilhelm Schröder und Co., Lüdenscheid, Material/Technik: Weißblech, Metall / lithografiert, gebogen, genietet, Maße: 19 cm (Höhe), 31 cm (Breite), 24,5 cm (Tiefe), Bildquelle: .63 Die zeitgenössische Faszination für Atomenergie trug so zum Erfolg eines Modells bei, das in dieser Kombination nach Aufkommen der Anti-AKW-Bewegung eine Dekade später vermutlich nur noch schwer verkäuflich gewesen wäre.

    Umnutzung von Technik durch die Konsumenten

    Technik wurde zur Freizeitgestaltung immer wieder spielerisch umgenutzt. Ein Beispiel bietet der turntablism, die Nutzung von Plattenspielern als Instrument, die in den 1940er Jahren entstand und bis heute immer weiterentwickelt wurde, um ungewöhnliche Effekte zu erzielen.64 Dabei wird die Umdrehungszahl des Plattenspielers von Hand manipuliert, der Tonarm über die Platte gezogen und die Spieler lassen Musikaufzeichnungen von zwei Plattenspielern ineinander laufen. Diese der ursprünglichen Nutzung von Plattenspielern nicht entsprechende Technik hat sich inzwischen so weit verbreitet, dass Plattenspieler hier eine neue Funktion bekommen haben und regelmäßige DJ Competitions veranstaltet werden.65 Charakteristisch für die spielerische Umnutzung von Technik in der Freizeit ist der tendenziell subversive Umgang damit. Dies bestätigt sich auch bei den folgenden Beispielen: In den 1990er Jahren entdeckten Jugendliche in Berlin das S-Bahn-Surfen als Risikosport. Ihr außerordentlich gefährlicher Sport besteht darin, sich aus fahrenden Zügen herauszulehnen oder außen an den Zügen entlangzugehen. Ermöglicht wurde dies bei älteren Zügen durch Türen, die sich während der Fahrt öffnen ließen, und eine Überkragung zwischen Fahrzeugwand und Bodengruppe gepaart mit Gepäckablagen zum Festhalten in den Wagen.66 So bot die Nutzung baulicher Eigenschaften der Wagons ein technikbasiertes Ambiente für einen Freizeitsport, dessen Reiz im Kitzel der Gefahr, der Mutprobe verbunden mit einem Gefühl von Freiheit und Verbotenem bestand. Weniger gefährlich ist die Abwandlung von Computerspielen durch Umprogrammieren, also durch die Umnutzung von Software. Die entstehenden Moods dienen entweder dazu, den Spielern aufgrund ihrer Programmierungskenntnisse (im Zweifel nicht spielkonforme) Vorteile im Spiel zu sichern, oder auch dazu, neue Spielvarianten zu entwickeln, die aus dem vom Hersteller vorgesehenen Kanon von Variationsmöglichkeiten ausbrechen. Moods ermöglichen so einen kreativen Umgang mit Computerspielen, bei denen programm- beziehungsweise technikbedingt eigentlich alle Handlungsmöglichkeiten durch den Hersteller vorgegeben sind.67 Die Umnutzung von Technik trägt vermutlich zur Identifikation mit ihr bei.

    Identifikation mit Technik

    Die Nutzung besonderer Technik in der Freizeit ermöglicht den betreffenden Nutzern eine Identifikation mit ihren Artefakten; unter Umständen kann dies auch zur Konstituierung von sozialen Gruppen dienen. So nutzten beispielsweise junge Erwachsene Motorräder schon in den 1950er Jahren dazu, sich an bestimmten Orten zu treffen, Konzerte zu besuchen oder gemeinsame Ausfahrten zu unternehmen. Sinnstiftend waren primär das Gespräch über die Maschinen und das gemeinsame Erlebnis von Mobilität als Form von Freiheit. Als technisches Kultobjekt, das ein unmittelbares Erleben des Fahrens und eine Symbiose zwischen Mensch und Maschine ermöglicht, eignet sich das Motorrad in besonderem Maße als Identifikationsobjekt.68 Mit dem Imagewandel des Motorrads vom Alltags- zum Freizeitgefährt in den 1970er Jahren verstärkte sich dieser Effekt.69 Auch Inlineskates, deren Vorformen in den 1960er Jahren aufkamen, eignen sich zur Identifikation und können Bezugspunkt von sozialen Gruppen werden: Insider urteilen anhand der technischen Ausstattung und der Gebrauchsspuren über die fahrtechnischen Fähigkeiten ihrer Bekannten; Freundeskreise grenzen sich durch die Nutzung bestimmter Skates und bestimmten Zubehörs voneinander ab.70 Ein in seiner Motivation der gemeinsamen Freizeitgestaltung völlig anders gelagerter Gruppenzusammenhalt kann sich beispielsweise über gemeinsame Ziele beim Autobasteln oder Restaurieren ergeben. Ähnlich den Motorradfans steht bei den Bastlern das technische Artefakt im Mittelpunkt. Deutlich wird dies beim privaten Unterhalt von Oldtimern, der zu Beginn der 1970er Jahre an Popularität gewann und nicht nur ständiges Basteln, sondern auch ein Netzwerk von Gleichgesinnten erfordert. Anders als beim Motorrad trägt hier weniger das Fahren als das Ansehen des "geliebten Objekts"71 von unten und das gestaltende Verändern nach eigenen Vorstellungen zur Identifikation bei.

    Die hier genannten Beispiele können in Anbetracht der Vielzahl von technikbasierten Freizeitaktivitäten nur exemplarisch bleiben. Allerdings verdeutlichen sie, in welchem Maße sich die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung durch Technik erweitert haben – sowohl für aktives Handeln als auch zum mehr oder minder passiven Rezipieren. Wenn sich aus der Techniknutzung Identifikationsmöglichkeiten ergeben, kann es insbesondere im Freizeitsport zu einem nahezu symbiotischen Verhältnis zur Technik kommen. So ist die Freizeit im Laufe der Industrialisierung zu einem Bereich der technisierten Lebenswelt geworden.72

    Aufgrund des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Vorsprungs gegenüber dem Kontinent vollzogen sich auch die Entwicklung der Freizeit und deren Technisierung bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert dort schneller als beispielsweise in den deutschen Ländern. Infolge der engen Verbindung von Industrialisierung und Freizeit lässt sich eine vergleichbare Entwicklung auch für andere Staaten annehmen.73 Nicht nur die Ausprägung des Sports erfolgte in früher, sondern auch die Entwicklung des touristischen Reisens; als (dominierende) Organisationsform wurde dabei die Pauschalreise in ganz übernommen. Als Ausgleich zur industrialisierten Arbeitswelt gewannen Jahrmärkte und Vergnügungsparks heutiger Prägung mit ihrer Dominanz von Fahrgeschäften rascher an Bedeutung. Die Nutzung von Dampfkraft für Jahrmarktsvergnügen erfolgte in Großbritannien ebenso früher wie der Bau von Dampfmaschinen und Eisenbahnmodellen als technischem Spielzeug.74 So fanden Prozesse der Aneignung von Technik durch ihre Freizeitnutzung in den einzelnen europäischen Ländern in gleicher Weise zeitverschoben statt wie die Entstehung technisierter Lebenswelten.

    Freizeit – Sinngebung oder Schock?

    Schon in den 1930er Jahren findet sich ein Erklärungsmuster für die Auseinandersetzung mit dem Thema Freizeit, das im Zuge der Diskussion um die Freizeit- beziehungsweise Erlebnisgesellschaft wieder aufkommen sollte: Weil die Arbeit nicht mehr Lebens- und Berufserfüllung sei, sondern nur noch eine einseitige Betätigung,

    welche die Auswirkungen der Persönlichkeit im Werk mehr oder weniger stark verwehrte und sich [im Zuge der Industrialisierung] dauernd auf eine unverhältnismäßig lange Zeit erstreckte, ... erwachte das Gefühl der Notwendigkeit der Freizeit wie einer neuen Sinngebung des Lebens.75

    Während Freizeit in Schriften der 1920er und 1930er Jahre im Allgemeinen als etwas Positives und Erstrebenswertes beschrieben wird, für dessen Entwicklung es galt, unter Berücksichtigung der "kulturlichen Forderungen der Arbeiter … [und der] volkswirtschaftlichen Möglichkeiten"76 geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, hat sich der Betrachtungswinkel seit den späten 1970er Jahren verschoben: Nun wurde die Freizeitgestaltung vielfach als Problem gesehen, dem sich die Freizeitpädagogik annehmen möge. Freizeit war in den 1920er und 1930er Jahren noch ein rares Gut, das dem Großteil der Bevölkerung nur in sehr geringem Maße zur Verfügung stand, weil der vom Internationalen Arbeitsamt geforderte Achtstundentag erst langsam eingeführt wurde und im übrigen auch für Samstage galt, ein tariflicher Urlaubsanspruch für alle Arbeitnehmer erst in den 1920er Jahren durchgesetzt werden konnte und weil das Einkommensniveau insbesondere von Arbeiterfamilien nur geringe Freizeitausgaben zuließ.77 Ähnlich der ausgesprochen positiven Technikrezeption in Zeiten der Hochindustrialisierung stand hier ein Phänomen zur Diskussion, das zwar vorhanden, aber noch keinesfalls allgegenwärtig oder gar lebensbestimmend war. Die Einkommenszuwächse der 1950er bis 1970er Jahre ermöglichten höhere Freizeitausgaben und die zunehmende disponible Zeit führte (auf das Jahr gerechnet) in den westlichen Industrienationen zu einer Umkehr der Relation von Arbeits- und Freizeit.78 Freizeit ist demnach erst seit Ende der 1960er Jahre ein gesamtgesellschaftliches Phänomen; die damit verbundenen Wandlungsprozesse wurden mit Schlagworten wie Freizeitgesellschaft oder Erlebnisgesellschaft beschrieben.79 Entsprechend wandelte sich die Einschätzung von Freizeit – wiederum analog zur Technikrezeption. Einen "Leisure Shock" der Industriegesellschaft prognostizieren beispielsweise Clive Jenkins und Barrie Sherman in ihrem gleichnamigen Buch 1981.80 Schulze untersucht die mit der Erlebnisorientierung verbundenen Unsicherheiten und Enttäuschungen81 und Opaschowski den "Freizeitstress".82 Die nun erreichte zeitliche Dominanz der Freizeit gegenüber der Arbeitszeit scheint das Verhältnis zu dem, was bisher nur Postulat und Ziel war, eingetrübt zu haben. Entsprechend traten Fragen in den Vordergrund, die bis dahin nicht oder kaum berücksichtigt worden waren. Neben den durch Technikeinsatz geschaffenen Voraussetzungen (Zeit und frei verfügbares Einkommen) und den direkten Wechselwirkungen zwischen Technik und Freizeit wird hier ein weiterer Zusammenhang, eine Symmetrie sichtbar: Die Wahrnehmung von Technisierung und von Freizeit scheint sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert in ähnlicher Weise verändert zu haben.

    Stefan Poser

    Anhang

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    Zahn, Ulf: Der Fremdenverkehr an der spanischen Mittelmeerküste, Regensburg 1973 (Regensburger geographische Schriften 2).

    Anmerkungen

    1. ^ Opaschowski, Freizeitpädagogik in der Schule 1977, S. 59.
    2. ^ Siehe z.B. Blanchard, Labour and Leisure 1994, und Burke, The Invention of Leisure 1995.
    3. ^ Siehe Nahrstedt, Freizeit 1972, S. 17.
    4. ^ Comenius, Johann: Didactica magna (1657), Kap. XV/13, zit. nach Opaschowski, Freizeitpädagogik in der Schule 1977, S. 55f.
    5. ^ Fröbel, Friedrich: Fortgesetzte Nachricht von der allgemeinen deutschen Erziehungsanstalt in Keilhau, Rudolstadt 1824, zit. nach Opaschowski, Freizeitpädagogik in der Schule 1977, S. 56f.
    6. ^ Lange, Wichard: Zehn Jahre aus meiner pädagogischen Praxis: Ein Rückblick (1861), zit. nach Opaschowski, Freizeitpädagogik in der Schule 1977, S. 57.
    7. ^ [Anonymus], Art. "Freizeit", in: Der Große Brockhaus 1930, S. 588.
    8. ^ Hier und im Folgenden [Anonymus], Art. "Freizeit", in: dtv-Lexikon 1982, S. 120f. Das Lexikon basiert auf Materialien des Brockhaus-Verlags.
    9. ^ [Anonymus], Art. "Freizeitsport" 1982, S. 121.
    10. ^ [Anonymus], Art. "Freizeit", in: dtv-Lexikon 6, 1982, S. 120f.
    11. ^ J. Habermas, Soziologische Notizen 1971, S. 105.
    12. ^ Freericks / Hartmann / Stecker, Freizeitwissenschaft 2010, S. 20. Diese Definition geht freilich zu weit, da selbständige Arbeit ihr zufolge zur Freizeit zählt.
    13. ^ Siehe Geck, Freizeitbewegung 1936, Sp. 870.
    14. ^ Lindner, Empirische Psychologie 1858; Geck, Freizeitbewegung 1936, Sp. 870.
    15. ^ Böhmert, Erholung 1893.
    16. ^ Ebd., S. 1.
    17. ^ Ebd., S. 2ff.
    18. ^ Bevans, Spare Time 1913.
    19. ^ Altenloh, Kino-Unternehmung 1914.
    20. ^ Krüger, Freizeittätigkeit 1935, S. 2. Sowie: Vorschlag betreffend die Benützung der Freizeit der Arbeiter: Sechste Jahrestagung 1924, in: Internationales Arbeitsamt: Von der Internationalen Arbeitskonferenz auf den ersten sechs Jahrestagungen (1919–1924) angenommene Entwürfe von Übereinkommen und Vorschläge, Genf 1924, abgedruckt in Krüger, Freizeittätigkeit 1935, Anhang, S. I–IV.
    21. ^ Ebd., S. I.
    22. ^ Allerdings lässt schon das Rahmenprogramm der Tagung den Versuch der politischen Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten erkennen. Zitat: Kirby, Geleitwort 1937, S. 8.
    23. ^ Hier und im Folgenden: Krüger, Freizeittätigkeit 1935, Anhang, S. IIIf.
    24. ^ Einen Überblick über den Sport auf der GESOLEI gibt Stercken, GESOLEI 2002, S. 115ff.
    25. ^ Nahrstedt, Leben in Freier Zeit 1990, S. 105; König, Konsumgesellschaft 2000, S. 290ff.
    26. ^ Dumazedier, Vers une civilisation du loisir? 1962; König, Konsumgesellschaft 2000, S. 333. Zur Entwicklung in Deutschland siehe auch: Schildt, Moderne Zeiten 1995, und Richter, Pädagogische Analyse 1992.
    27. ^ Nahrstedt, Freizeitpädagogik 1995, S. 17. Als frühe (technik-)historische Arbeit sei genannt: Timm, Verlust der Muße 1968. Zu gegenwärtigen Perspektiven siehe: Harris, Key Concepts 2005, und Freericks /Hartmann / Stecker, Freizeitwissenschaft 2010.
    28. ^ Siehe beispielsweise ebd., S. 241ff.
    29. ^ Zur Freizeitgestaltung im 18. Jahrhundert siehe beispielsweise Becher, Geschichte des modernen Lebensstils 1990, S. 158ff.; zum ausgehenden 19. Jahrhundert am Beispiel von Paris siehe: Schwartz, Spectacular Realities 1998. Freizeit in industriell geprägten Regionen thematisien Kosok, Viel Vergnügen 1992, sowie Gunn, Manchester 2008, S. 101ff. Kaspar Maase diagnostiziert die Ausbreitung einer freizeitbasierten Massenkultur zwischen 1850 und 1970; siehe Maase, Grenzenloses Vergnügen 1997. Einen Einblick in die Situation in Deutschland gibt Maase, Schund und Schönheit 2001. Verschiedene Freizeitaktivitäten vom 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts stellt vor: Koshar, Histories of Leisure 2001.
    30. ^ Zur Entwicklung des Städtetourismus siehe beispielsweise Steward, Attractions 2008, S. 255ff. Die Reise zur "unberührten Natur" und der Aufenthalt dort wurden durch Technik zumindest erleichtert; siehe Poser / Zachmann, Homo faber ludens 2003, S. 7f.
    31. ^ Eisenberg, "English Sports" 1999, insbesondere S. 145ff. Einen Überblick über die Einführung (und Entwicklung) verschiedener Sportarten am Beispiel Österreichs gibt Bruckmüller, Turnen und Sport 1998.
    32. ^ Einen Beitrag zur Popularisierung des Freizeitsports dürfte insbesondere die Internationale Hygiene-Ausstellung in Dresden 1911 geleistet haben. Siehe Dinçkal, Stadien 2008, S. 221ff.
    33. ^ Poser, Glücksmaschinen 2009, S. 104.
    34. ^ Dering, Volksbelustigungen 1986; Knocke, Gesammeltes Vergnügen 2000; in Fokussierung auf Technik Poser, vergnügliche Industrialisierung? 1998, S. 114ff.
    35. ^ Müller, Kinematographie 1992; zur Entwicklung des Jahrmarktskinos in Europa Garncarz, Jahrmarktskino 2009, S. 123ff.; zur Bedeutung des Kinos in der Nachkriegszeit Schildt, Moderne Zeiten 1995, S. 141f.
    36. ^ Schmidt, Radio 1998, S. 313ff.
    37. ^ Freyer, Tourismus 2006, S. 107ff., zur historischen Aufarbeitung Spode, Geschichte der Tourismusgeschichte 2009, S. 9ff.
    38. ^ Zur Freizeitgestaltung in den 1950ern siehe Schildt, Moderne Zeiten 1995, zu den 1960ern und 1980ern die vergleichende Untersuchung von Richter, Pädagogische Analyse 1992.
    39. ^ Opaschowski, Freizeitpädagogik 1996, S. 657.
    40. ^ Poser, Ultimativer Kick 2001, S. 20ff.; Gebauer, Kalkuliertes Risiko 2006.
    41. ^ Schulze, Erlebnisgesellschaft 2000, S. 542.
    42. ^ In Fokussierung auf Technik und Spiel siehe hierzu: Poser / Zachmann, Homo faber ludens 2003; Gebauer, Kalkuliertes Risiko 2006; Poser u.a. (Hg.), Spiel mit Technik 2006; einen internationalen Überblick gibt Poser, Playing with Technology 2009, S. 2ff. Einen Einblick in die amerikanische Entwicklung in Bezug auf Freizeitnutzung und Hedonisierung von Technik gibt Maines, Hedonizing Technologies 2009.
    43. ^ Einen Überblick über den Forschungsstand zum Freizeitreisen geben Hascher / Trischler, Historische Verkehrsforschung 2005, S. 84f., zu Perspektiven der Verkehrsgeschichte insgesamt siehe Dienel, Verkehrsgeschichte 2007, S. 19ff.
    44. ^ König, Konsumgesellschaft 2000, S. 270f.; Simmons, The Victorian Railway 1991, S. 270ff., S. 300ff.
    45. ^ Father Tuck's Express Train. Panorama with movable pictures. Deutsches Technikmuseum Berlin, Historisches Archiv II. Nr 1096. Spielanleitung eines Brettspiels für den englischen Markt um 1910. Figuren von Reisenden, Gepäck und Bahnhofspersonal werden auf dem Bahnsteig eines abfahrbereiten Expresszuges angeordnet.
    46. ^ 1842 erfolgte die Fertigstellung des Abschnitts Wien–Gloggnitz. Siehe Kos, Eroberung der Landschaft 1992; Dinhobl, Semmeringer Bahn 2003, S. 64f., S. 181f.; König, Mechanische Aufstiegshilfen und Skisport 2003, S. 157ff.
    47. ^ Seit den 1820er Jahren wurde das Gebiet auch zur Wasserversorgung Wiens genutzt.
    48. ^ Einen Überblick aus wirtschaftshistorischer Perspektive gibt Kopper, Reise als Ware 2007, S. 61ff.; siehe auch Hachtmann, Tourismus – Geschichte 2007.
    49. ^ Die Folgen wurden bereits in den 1970er Jahre thematisiert: Zahn, Fremdenverkehr 1973.
    50. ^ Als Beispiel sei eine Operninszenierung an zwei Ufern des Berliner Wannsees im Sommer 1988 genannt; in ganz anderer Weise wurde das Konzept für die seit den 1990er Jahren stattfindende Love Parade umgesetzt; siehe Adamowsky, Spielfiguren in virtuellen Welten 2000, S. 119ff.
    51. ^ Siehe beispielsweise Braun, I sing the body electric 2000; Braun, Music and Technology 2002; Braun, Komposition und Konstruktion 2005, S. 106ff.; Lütge, Musik - Technik - Philosophie 2005.
    52. ^ Poser, Glücksmaschinen 2009, S. 111f.
    53. ^ König, Netzwerke 1990, S. 527ff.
    54. ^ Siehe beispielsweise Haubner, Automobilismus 1998, S. 167ff.; Kehrt, Moderne Krieger 2010, S. 87f., S. 114ff.
    55. ^ [Anonymus], Die erste Berliner Flugwoche 1909, S. 865.
    56. ^ Vergl. Kehrt, Fliegen 2006, S. 204f.
    57. ^ Schmidt, F. A.: Sport und Leibesübungen, in: Deutsche Turnzeitung: Blätter für die Angelegenheiten des gesamten Turnwesens 4 (1886), zitiert nach Gruppe, Rudern 1987, S. 124.
    58. ^ Eine solche Holzachterbahn von 1913 ist auf dem Tivoli in Kopenhagen erhalten. Zu den Konstruktionsdaten von Bahnen seit den 1960er Jahren siehe Schützmannsky, Roller Coaster 2001, S. 140ff.
    59. ^ Zur Vorgeschichte der Bahnen siehe Poser, Heiraten Sie 2003, S. 127ff., zum Umgang mit dem Risiko siehe Poser, Kannst du bremsen? 2006, S. 28.
    60. ^ Poser, Maschinerie 2003, S. 33.
    61. ^ Einen Überblick über das vielfältige Angebot vor dem Ersten Weltkrieg vermitteln Kataloge der Firma Bing, Nürnberg. Siehe den Reprint Jeanmaire, Gebrüder Bing 1977. Aus historischer Perspektive zu Modelleisenbahnen siehe Gottwaldt, Spielzeug Eisenbahn 2006, S. 78ff., zu modellhaften Kinderfahrzeugen Curtius, Tretautos 2006, S. 84ff., zu technischem Spielzeug im Überblick Poser, Austin Roadster 2006, S. 49ff.
    62. ^ Siehe beispielsweise Souron, Eigenhändig 2010, S. 2ff. Zur Bedeutung von Simulationen siehe Nennen, Wirklicher als Wirklichkeit 2006, S. 169f.
    63. ^ Ein Modell des Kernkraftwerks mit Dampfmaschine befindet sich im Besitz des Deutschen Historischen Museums, Berlin. Zu Spielzeug und Atomenergie siehe auch Poser, Austin Roadster 2006, S. 59.
    64. ^ Katz, Capturing Sound 2005, S. 114ff.
    65. ^ Unterscheiden lassen sich das ältere Scratching und das Beatjuggling. Siehe Hein, Turntable 2000.
    66. ^ Bahnsurfen wird bis heute praktiziert; siehe den Wikipediaartikel zu S-Bahn-Surfen 2010.
    67. ^ Pilarczyk, Faszination der 3-D-Aktion-Spiele 2006, S. 131.
    68. ^ Pirsig, Zen oder die Kunst ein Motorrad zu warten 1978, S. 10. Alkemeyer, Mensch-Maschine 2006, S. 232ff.
    69. ^ Bauer, Kurzer Boom und lange Krise 2008, S. 322.
    70. ^ Alkemeyer, "Verflüssigung" des Gewohnten 2003, S. 175ff. Zu Moden des Rollschuhfahrens im 19. und frühen 20. Jahrhundert, im Zuge derer bereits Inline-Konstruktionen zum Einsatz kamen, siehe Norden, Schuhe 1998, S. 11ff.
    71. ^ T. Habermas, Geliebte Objekte 1996.
    72. ^ Siehe hierzu Hengartner, Technisierte Lebenswelten [im Erscheinen].
    73. ^ Zu Großbritannien siehe beispielsweise Borsey, A History of Leisure 2006; zu Frankreich Corbin, L'avènement des loisirs 1995.
    74. ^ Einen Überblick über die Produktion von Jahrmarktsgeschäften in Europa gibt Stadler, Karussellfabriken 2006, S. 200ff. Zu Dampfmaschinenmodellen siehe beispielsweise den Katalog des Spielwarenherstellers Bing: Ausstellungskatalog Bing-Spielwaren um 1910, S. 23. Deutsches Technikmuseum Berlin, Historisches Archiv, II.2.05427. Zu frühen Eisenbahnmodellen Minns, Modellokomotiven 1969, S. 8f., S. 59ff., und Gottwaldt, Spielzeug Eisenbahn 2006, S. 78ff.
    75. ^ Geck, Freizeitbewegung 1936, Sp. 866.
    76. ^ Krüger, Freizeittätigkeit 1935, S. 10.
    77. ^ Jahresangaben für Deutschland. Einen knappen Überblick und weitere Literaturangaben siehe bei König, Konsumgesellschaft 2000, S. 127f.
    78. ^ Statistisches Material zur verfügbaren Zeit siehe bei: Gershuny, Changing Times 2000, S. 62ff. Eine Fallstudie zur Freizeitnutzung von Arbeiterfamilien am Beispiel Wiens gibt Langewiesche, Freizeit des Arbeiters 1979, S. 334ff. In Deutschland reduzierte sich die tarifvertraglich vereinbarte Arbeitszeit zwischen 1960 und 1990 beispielweise um 25%: Nahrstedt, Freizeitpädagogik 1995, S. 9.
    79. ^ Zum Für und Wider dieser Bezeichnung siehe z.B. Veal, Leisure and the Future 1987, S. 1f. Zur Relativierung des eigenen Begriffs Schulze, Erlebnisgesellschaft 1992, S. 15.
    80. ^ Jenkins / Sherman, The Leisure Shock 1981. Ein durch Arbeitsmangel entstehendes "leisure problem" macht beispielsweise auch Jonathan Gershuny aus, der in diesem Zusammenhang auf einen Text von John Maynard Keynes (1883–1946) von 1928 verweist; Gershuny, Changing Times 2000, S. 58ff.
    81. ^ Schulze, Erlebnisgesellschaft 1992, S. 60ff.
    82. ^ Opaschowski 1988 zit. nach Schulze, Erlebnisgesellschaft 1992, S. 65.

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    : Freizeit und Technik, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz European History Online (EGO), published by the Leibniz Institute of European History (IEG), Mainz 2010-12-03. URL: https://www.ieg-ego.eu/posers-2010-de URN: urn:nbn:de:0159-20100921499 [JJJJ-MM-TT][YYYY-MM-DD].

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