Einleitung
Neben Juden und Griechen galten die Armenier schon seit dem Altertum als eine klassische Diaspora, die auch außerhalb ihres so genannten "historischen Heimatlandes" im Südkaukasus und in Ostanatolien ein ausgedehntes Netzwerk merkantiler Routen mit Niederlassungen in einer Vielzahl von Städten des Vorderen Orients, des Schwarzmeer- und Mittelmeerraums unterhielt. Solche Handelsnetzwerke können als miteinander über Handelsrouten verbundene Stützpunkte von Kaufleuten einer bestimmten ethnischen, nationalen und/oder religiösen Gruppe in fremden Städten aufgefasst werden. Dort entstanden im Laufe der Zeit Händlerkolonien, die über die fortgesetzte Zirkulation von Menschen, Waren, Kapital und Informationen miteinander sowie in manchen Fällen auch mit einem zentralen Knoten- und Ausgangspunkt des Handelsnetzwerks verbunden waren und sich nicht selten durch einen gewissen Grad an kultureller Eigenständigkeit oder gar innerer Autonomie gegenüber der umgebenden Gesellschaft im Residenzland auszeichneten.
Solche Handelsnetzwerke können als Folge des Versuchs gesehen werden, diverse technische Probleme durch die Kontrolle gewisser (Fern-)Handelszweige seitens bestimmter ethnischer Gruppen zu lösen. Gemeint sind spezifische Schwierigkeiten, die der Fernhandel unter den Bedingungen einer vorindustriellen Gesellschaft mit sich brachte, wie die Sicherung eines kontinuierlichen und schnellen Austauschs von Informationen, die Geschwindigkeit des Umsatzes von Waren und Kapital und die Organisation von Kredit und Vertrauen.1 Insbesondere die Sicherung des Kommunikationsflusses zwischen Handelsparteien wie Geschäftspartnern sowie der Aufbau und die Aufrechterhaltung von Vertrauen waren grundlegende Funktionen jener vormodernen merkantilen Netzwerke, welche entlang ethnischer, landsmannschaftlicher und anderer gemeinschaftsstiftender Attribute geknüpft wurden. Die Entstehung von Regionen übergreifenden, ja globalen Netzwerken von Händlerkolonien bildete dabei die Kulmination einer Entwicklung, die mit einzelnen Siedlungen in für den Handel strategisch günstig gelegenen Städten außerhalb des ursprünglichen Siedlungsraumes der betreffenden Gruppe begann. Dieses "interrelated net of commercial communities"2 mit seinen strategisch situierten Gemeinden innerhalb eines unter Umständen weltumspannenden Handels- und Siedlungsnetzwerks kombinierte in seiner Organisation strukturelle Stabilität mit personeller Mobilität. Es erlaubte der Händlerdiaspora3 bestimmte Zweige des (Fern)Handels zu kontrollieren oder gar zu monopolisieren,4 obwohl sie im Vergleich etwa zu (semi)staatlich organisierten Handelskompanien kaum die Möglichkeit hatte, formalen Zwang auf ihre Mitglieder auszuüben. Die Händler förderten damit die Außenhandelsbeziehungen einer Stadt oder eines Landes und deren/dessen Einbindung in eine stetig expandierende Weltwirtschaft, wodurch sich der Warenumschlag von Häfen sowie die damit einhergehenden Zoll- und Steuereinnahmen erhöhten, und vermittelte bis dahin wenig verbreitete Techniken der Handels- und Unternehmensführung. Angesichts dieser Vorteile gewährte die örtliche politische Elite in vielen Fällen den Kaufleuten solcher Minderheitengemeinschaften Schutz und Privilegien nicht nur auf wirtschaftlichem Gebiet, sondern etwa auch im Bereich der Religionsausübung oder der, mehr oder weniger begrenzten, inneren Selbstverwaltung ihrer Kolonien.
Ein solches globales Handelsnetzwerk war jenes der armenischen Kaufleute von Neu Julfa (arm. Nor J̌owła) bei Isfahan. Vom 17. Jahrhundert bis in die 1740er Jahre dominierten die armenischen Kaufleute von Neu Julfa den persischen Rohseidenhandel und waren darüber hinaus am internationalen Ost-West-Handel – insbesondere zwischen Indien, Persien und Europa – von Seide, Textilien, Edelsteinen sowie anderen Luxus- und Gebrauchsgütern in prominenter Position beteiligt. Ihr Handels- und Kommunikationsnetzwerk erstreckte sich von Persien ausgehend über Indien und Südostasien bis nach Manila, Kanton und Tibet im Osten sowie durch den Nahen Osten, Anatolien und die Levante zu den europäischen Häfen des Mittelmeeres (in Einzelfällen sogar bis Mexiko) im Westen und durch Russland bis nach Schweden, Amsterdam und London im Norden. Neben dem administrativen, wirtschaftlichen und geistig-kulturellen Zentrum in Neu Julfa verfügte das Netzwerk über eine Vielzahl von Handelsniederlassungen bzw. Kolonien, die im Laufe ihrer Entwicklung zu Anziehungspunkten armenischer Migranten und zu Stätten des armenischen kulturellen, religiösen und politischen Lebens wurden.
Im Folgenden sollen die Entstehung und Entwicklung sowie die Struktur und Funktionsweise dieses transkontinentalen frühneuzeitlichen Handels- und Kommunikationsnetzwerks der Armenier vorgestellt werden. Regionale Schwerpunkte sind einerseits der zentrale Knotenpunkt des Netzwerks, Neu Julfa, andererseits die Handelsroute über den Moskauer Staat bzw. das Russländische Reich, welches sich im 17. und frühen 18. Jahrhundert bemühte, zur Drehscheibe im internationalen Rohseidenhandel zu werden.
Die Entstehung des armenischen Handelsnetzwerks von Neu Julfa
Der Aufstieg armenischer Kaufleute im internationalen Ost-West-Handel vollzog sich bereits vor der Mitte des 16. Jahrhunderts. Sie hatten einerseits von der steigenden Nachfrage nach Luxusgütern und Rohstoffen in Europa, andererseits von der Behinderung des direkten europäisch-orientalischen Handels durch die Expansion der Osmanen profitiert und waren zu Mittelsmännern vor allem im Seidenhandel zwischen Persien und der Levante geworden. Zu dieser Zeit erlebte besonders das strategisch günstig an der Seidenstraße durch den Südkaukasus gelegene ursprüngliche Julfa (arm. J̌owła) am Fluss Arax einen rasanten Aufschwung.5 Die Stadt und ihre Bewohner gelangten zu großem Wohlstand, den sie in erster Linie dem Handel mit Rohseide verdankten; so handelten die Julfaer Kaufleute unter anderem mit den Kaufleuten des Levantehandels und mit der englischen Moskowitischen Kompanie.6 Im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen dem Osmanischen und dem Persischen Reich ließ Schah Abbas' I. (1571–1629)[] im Jahr 1604 neben der Bevölkerung einer Reihe von Regionen des historischen Armeniens auch die Einwohner Julfas und einiger umgebender Handelsstädte deportieren. Während die ländliche Bevölkerung unter anderem in die Seidenanbauregion Gilan deportiert wurde, verfügte der Schah, die Städter und insbesondere deren wohlhabende Oberschicht in der neuen persischen Hauptstadt Isfahan anzusiedeln. Nachdem sich ihr Zusammenleben mit den Muslimen dort als zu schwierig erwiesen hatte, fanden die armenischen Kaufleute schließlich in der zu diesem Zwecke eigens angelegten Vorstadt, dem so genannten Neu Julfa, Unterkunft.7
Armenier spielten eine wichtige Rolle sowohl in der Wirtschaft des Persischen Reichs als auch für die politischen Belange der Safaviden. Die Julfaer Armenier galten Abbas' als eine Art "service gentry",8 etwa als Gesandte des Schahs im Ausland, und unterhielten darüber hinaus Beziehungen zu den Ghulams, kaukasische Konvertiten, welche die Seidenanbaugebiete im Norden des Landes kontrollierten.9 Die Monopolisierung der persischen Seidenwirtschaft zugunsten der Krone war nicht nur von besonderer Bedeutung für Abbas' Politik, sondern bildete auch das Herzstück seiner Beziehungen zu den Armeniern. 1619 konnten die Julfaer im Rahmen einer Auktion die English East India Company überbieten und auf diese Weise das Monopol des Seidenexports erwerben, welches sie jedoch unter Abbas' Nachfolger Safi (gest. 1624) verloren.10
Die Rolle armenischer Kaufleute im internationalen Rohseidenhandel
Aufgrund der strategisch günstigen Lage Persiens zwischen Indien und Europa nahm das Land in der Frühen Neuzeit vor allem im europäisch-orientalischen Transithandel eine bedeutende wirtschaftliche Rolle ein. Darüber hinaus exportierte Persien aber auch eigene Erzeugnisse, allen voran Rohseide aus den Anbaugebieten im Norden des Iran. In einem guten Jahr exportierte der Iran etwa 5.000 bis 6.000 Ballen (à 100 kg) Rohseide.11 Hauptmotor des Export- und Transithandels der Safaviden war der chronische Mangel an Edelmetallen in Persien, das deshalb auf den Tausch seiner (Re-)Exporte gegen Gold und Silber mit Europa angewiesen war. Die Julfaer armenischen Kaufleute spielten dabei eine besondere Rolle: Eine Schätzung besagt, dass sie mit jeder Karawane von der Levante ca. 200.000 Golddukaten nach Persien brachten.12
Die wichtigste Exportroute für persische Rohseide nach Europa führte über den Levanteweg, der auf verschiedenen Routen verlief. Eine Möglichkeit stellte der Landweg nach Bursa und Istanbul und danach durch den Balkan dar oder es ging auf dem Seeweg zur Adria. Eine weitere Route führte nach Aleppo und von dort zum Hafen von Iskanderun, oder schließlich über Land nach Izmir und von dort über das Mittelmeer nach Venedig, Livorno, Marseille und zu anderen europäischen Hafenstädten. Im 16. Jahrhundert stieg Aleppo zum Hauptumschlagplatz für persische Rohseide auf, an dem armenische Kaufleute mit europäischen Händlern in Kontakt traten. Im darauffolgenden Jahrhundert gewann dagegen Izmir an Bedeutung. Im Laufe dieser Zeit erhöhte sich das Volumen des persischen Rohseidenexports über die Levanteroute von geschätzten einigen Zehntausend Kilogramm um 1500 bis hin zu ca. 200.000 kg um das Jahr 1600. Im frühen 18. Jahrhundert waren es bereits bis zu 500.000 kg.13
Günstige Voraussetzungen für die Expansion des armenischen Orienthandels schufen die geschwächte portugiesische Handelskontrolle über das Arabische Meer in den 1620er Jahren sowie die konsolidierte Macht der Safaviden in Persien und der Moguln in Indien.14 Zu jener Zeit begann zudem der auch armenisch betriebene Exporthandel durch den Persischen Golf und um das Kap der Guten Hoffnung, der aber aufgrund der Länge dieser Route und der entsprechend hohen Transportkosten kaum von Bedeutung war.15 Zu allen Zeiten setzten die Armenier mehr persische Rohseide um als die Europäer, deren Seehandel im Indischen Ozean, um das Kap von Afrika und im Mittelmeer den Karawanenhandel der Julfaer, der großteils über Land durchgeführt wurde, nicht wesentlich zu beeinträchtigen vermochte. So besaßen Letztere im 17. Jahrhundert einen de facto Monopolstatus im persisch-europäischen Seidenhandel. Auf der Russlandroute zum Beispiel waren im späten 17. Jahrhundert praktisch alle an diesem Wirtschaftszweig beteiligten Händler Armenier und um die Mitte des 18. Jahrhunderts betrug ihr Anteil am Transithandel mit Rohseide immer noch 60–70 Prozent.16 Durch ihre Handelstätigkeit förderten die Armenier Neu Julfas nicht nur den indisch-persisch-europäischen Seidenhandel, der in der Frühen Neuzeit immer wichtiger wurde, sondern trugen durch ihre Tätigkeiten als Kaufleute, Übersetzer und Diplomaten auch zum materiellen wie immateriellen Kulturtransfer zwischen Asien und Europa bei.
Struktur und Funktionsweise des armenischen Handelsnetzwerks
Strukturelle Grundlage der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Aktivitäten der Julfaer war die patriarchale Großfamilie. Auf dieser Struktur basierte auch die Administration der vom Schah privilegierten Gemeinde Neu Julfas, die im 17. und 18. Jahrhundert etwa 10.000 bis 30.000 Personen umfasste,17 sowie das Kommunikations- und Handelssystem ihrer Kaufleute. Diese "central institution of pre-modern Armenian society",18 die vom jeweils ältesten lebenden männlichen Familienmitglied geleitet wurde, konnte mehrere hundert Personen umfassen und ermöglichte deshalb das Überleben mancher Familienbetriebe über Jahrhunderte hinweg. Des Weiteren begünstigte der hohe Grad an sozialer Kontrolle und gegenseitigem Vertrauen sowie die Konzentration von Kapital innerhalb der Großfamilie den Erfolg der Handelsfirmen in einem riskanten vormodernen Fernhandelsgeschäft.
Trotzdem beschränkten sich die Handelsunternehmungen der Julfaer nicht ausschließlich auf den Familienbetrieb, vielmehr bedienten sie sich in ihrem Fernhandel auch des Commenda-Systems, das im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit in weiten Teilen Asien wie Europas verbreitet war und vermutlich aus der islamischen Tradition stammte. Dieses System basierte auf der Arbeitsteilung zwischen einem Finanzier und einem Faktor oder Commenda-Agenten. Der Finanzier, der das Kapital und/oder die Waren für die zu unternehmende Handelsexpedition zur Verfügung stellte, stammte aus der Elite der Chodschas (pers. xâje), also der Kaufleute und männlichen Oberhäupter der wohlhabendsten und einflussreichsten Großfamilien. Der Faktor oder Commenda-Agent war entweder ein jüngeres Familienmitglied oder ein anderer Julfaer Händler mit geringem eigenem Kapital, der dem geschlossenen Commenda-Vertrag sowie den Instruktionen seines "Meisters" in Neu Julfa gemäß in dessen Namen Handelsoperationen etwa in Surat, Batavia, Venedig oder Sankt Petersburg durchführte. Er fungierte in diesen Außenstellen des Familienbetriebes quasi als Subunternehmer. Die Faktoren wurden in der Regel nicht regional, sondern global eingesetzt und konnten durch wiederholte Rotation zwischen den über Europa und Asien verstreuten Handelsniederlassungen der einzelnen Familienfirmen ein merkantiles, sprachliches und regionalkundliches Wissen akkumulieren. Dieser Vorteil machte sie zu ernstzunehmenden Konkurrenten selbst der europäischen Handelskompanien.19 Ein Familienbetrieb verfügte über 80 bis 100 Faktoren, die in dessen Namen operierten und das ihnen zur Verfügung gestellte Kapital in der Regel im Zuge ihrer Handelsgeschäfte verdoppelten.20 Zu den wichtigsten Aufgaben des Faktors zählte die genaue Buchführung samt Abrechnung seiner kommerziellen Tätigkeiten im Rahmen seiner Handelsreise. Diese musste er nach seiner Rückkehr dem Chodscha vorlegen, dessen Anweisungen der Faktor bezüglich finanzieller Investitionen, des Kaufs und Verkaufs von Gütern im Ausland unbedingt Folge zu leisten hatte. Chodscha und Commenda-Agent hielten mithilfe eines weitläufigen Kuriersystems über Briefe Kontakt. Dieses Informationsnetzwerk verband nicht nur die kommerziellen Auftraggeber und Finanziers mit ihren Partnern und Angestellten, sondern verknüpfte auch die zahlreichen Stützpunkte und Niederlassungen Julfaer Kaufleute in aller Welt miteinander und vor allem mit dem Knotenpunkt Neu Julfa, der zentralen Drehscheibe von Kapital, Waren, Informationen und Menschen.
Die regelmäßige Korrespondenz der Händler, aber auch der armenischen Geistlichen, zwischen Zentrum und Peripherie diente nicht nur dazu, Informationen zur aktuellen Marktlage und der politischen Situation vor Ort bereitzustellen, sondern auch Gerüchte über andere Kaufleute und Commenda-Agenten, ihr Verhalten, ihre Zuverlässigkeit und Reputation zu verbreiten. Angesichts dieser Form der sozialen Überwachung lag es im Interesse eines Faktors, sich auch fern der Heimat den Instruktionen seines Herren gemäß zu verhalten und diesen nicht zu betrügen, da eine Schädigung seines Rufes seine zukünftige kommerzielle Tätigkeit gefährdet hätte.21 Ihre Ausbildung erhielten diese Handelsreisenden zum einen bei älteren Familienmitgliedern, zum anderen verfügte die armenische Gemeinde in Neu Julfa über eine spezielle Handelsschule. Angesiedelt am Erlöserkloster und unter der Leitung des Schulmeisters Kostand Jughayetsi, wurden dort in den 1680er Jahren etwa 300 Schüler unterrichtet.22 Jughayetsis handschriftliches so genanntes "Handelskompendium" wurde nicht nur an dieser Schule als Lehrbuch verwendet, sondern diente auch armenischen Handelsreisenden als Handbuch. Dieses und andere Handelshandbücher in armenischer Sprache, einige davon in gedruckter Form, boten den armenischen Kaufleuten Informationen über Gewichte, Maße, Zölle, Preise, das Handelsgebaren und rechtliche Gegebenheiten in einer Vielzahl europäischer und asiatischer Städte sowie in Ägypten und Ostafrika.23 Das bekannteste dieser Werke ist wohl das Handelshandbuch von Ġowkas Vanandec̕i (1650–1718), welches 1699 in Amsterdam gedruckt wurde.24
Das Commenda-System erwies sich als ideales Instrument für die globale Expansion des Julfaer Handels und ermöglichte es, den Familienbetrieb durch die Beschäftigung von Commenda-Agenten über die Grenzen der Verwandtschaft innerhalb der Großfamilie hinaus zu erweitern.25
Die Chodschas kontrollierten nicht nur die Wirtschaft Neu Julfas, sondern auch dessen politisch-gesellschaftliches Gemeindeleben. Die sich aus ihren Reihen rekrutierenden Oberhäupter der zwanzig Bezirke Neu Julfas bildeten gemeinsam mit dem vom Schah ernannten Kalantar (pers. kalāntar) – eine Art Bürgermeister, der finanzielle, polizeiliche und andere Aufgaben zu erfüllen hatte und in der Regel auch armenischer Abstammung war26 – die so genannte Kaufmannsversammlung. Diese Versammlung übernahm administrative Aufgaben in der armenischen Vorstadt und fungierte darüber hinaus für das traditionelle Handels- und Vertragsrecht der Julfaer als Jurisdiktions- und Kontrollinstanz. Über rechtliche Fragen in nicht rein kommerziellen Angelegenheiten entschied hingegen die Gemeindeversammlung, die sich aus säkularen und kirchlichen Autoritäten Neu Julfas zusammensetzte. In den über ganz Eurasien verstreuten Niederlassungen Julfaer Kaufleute tagten bei Bedarf außerdem "mobile Gerichte", die aus Mitgliedern der örtlichen Julfaer Händlergemeinde bestanden. Sie entschieden über die Rechtsstreitigkeiten zwischen Kaufleuten nach dem Julfaer Handelsrecht und korrespondierten mit der Kaufmannsversammlung in Neu Julfa.27
Die geschichts- wie sozialwissenschaftliche Literatur zur Diasporaforschung hat wiederholt festgestellt, dass der wirtschaftliche Erfolg einer Händlerdiaspora ganz wesentlich auf ihren sozioökonomischen (ethnischen, kulturellen und/oder familiären) Netzwerken, ihrem sprachlichen und kulturellen Wissen sowie auf den Mechanismen der inneren Solidarität und des Vertrauens basierte.28 Seltener aber wurde untersucht, worauf sich besagtes Vertrauen gründete bzw. wie es überhaupt entstand. Die Gemeinsamkeit von kulturellen Praktiken, etwa in Form von Religion und Sprache, scheinen das Vertrauen und den Zusammenhalt innerhalb der Gemeinschaft der Julfaer Händler nicht ausreichend erklären zu können.29 Vielmehr schufen die Kaufmanns- und Gemeindeversammlungen sowie informelle wie halbformelle Institutionen in Gestalt eines geschlossenen und dichten Netzwerks, in welchem kommerzielle, familiäre und kirchliche interpersonelle Beziehungen miteinander verwoben waren, die Grundlagen für das gegenseitige Vertrauen innerhalb der "Koalition" der Julfaer Kaufleute.30 Diese Institutionen ermöglichten den Fernhandel, indem sie die soziale Kontrolle erleichterten. Diese basierte auf einem kontinuierlichen Informationsfluss zwischen Zentrum und Peripherie, innerhalb dessen die Kaufmannsversammlung die Aufgabe einer Wissensdrehscheibe innehatte. Die Übermittlung von Informationen über die Reputation des einzelnen Händlers und die Verhängung von Strafen31 im Falle opportunistischen Verhaltens desselben durch die Kaufmannsversammlung in Neu Julfa oder die "mobilen Gerichte" in den Handelsniederlassungen erhöhten den Druck zu Konformität und steigerten dadurch den Grad an Kooperation und Solidarität innerhalb der Julfaer "Koalition". Auf diese Weise konnten die Julfaer Kaufleute die Transaktionskosten ihrer weltweiten Handelsunternehmungen senken, was ihnen auch gegenüber Vertretern der europäischen Handelsnationen Wettbewerbsvorteile verschaffte.
Europäische Handelsnetzwerke und die Armenier von Neu Julfa
Mit Vertretern der europäischen Handelsnationen standen die armenischen Kaufleute Neu Julfas mitunter in intensivem geschäftlichem Kontakt, sei es in den Hafenstädten des östlichen Mittelmeeres, wo europäische Händler die von den Armeniern aus Indien und Persien über den Landweg herbeigebrachten Waren aufkauften und weiter gen Westen führten (sofern die Armenier sie nicht selbst auf den Schiffen europäischer Handelskompanien weitertransportierten), in den Niederlassungen der Armenier in Europa selbst oder gar als Geschäftspartner, die gemeinsame Unternehmungen betrieben. Ein Beispiel ist etwa ein aus Venedig nach Marseille zugereister Julfaer Kaufmann, der 1629 gemeinsam mit einem der führenden Seidenimporteure der Stadt eine Partnerschaft einging und dafür von Ludwig XIV. (1638–1715)[] ein Patent auf das Monopol der Handelsvermittlung für armenische und persische Kaufleute in Marseille erhielt.32 Doch auch als Geldverleiher, zum Beispiel an die niederländische Verenigde Oostindische Compagnie (VOC), traten armenische Kaufleute in Erscheinung. Im frühen 17. Jahrhundert hatten die Julfaer in Aleppo erstmals mit Vertretern der VOC Kontakt aufgenommen, die die Armenier schon von Beginn an unter anderem als Übersetzer engagierten.33 Die Niederländer wollten jedoch die armenische Vermittlung im persischen Seidenhandel umgehen und direkten Zugang zu den Seidenproduktionsgebieten des Landes erhalten, was ihnen in seltenen Fällen auch gelang. Nicht nur im Rohseiden-, auch im Indigohandel stellten die Armenier eine ernstzunehmende Konkurrenz für die VOC und die englische East India Company dar. Der Levantehandel war bereits seit dem 16. Jahrhundert Schauplatz eines erbitterten Wettbewerbs zwischen Vertretern verschiedener Handelskompanien und -nationen geworden, in den nicht zuletzt die armenischen Kaufleute involviert waren. Diese Konkurrenz verschärfte sich noch, als die Armenier in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begannen, sich auch am Seehandel zwischen Südostasien, Indien und dem Persischen Golf aktiv zu beteiligen und dadurch die Geschäfte der Engländer und Niederländer in dieser Region zu stören. Nachdem der Versuch der Engländer, den armenisch vermittelten Handel über die Levante auf die Kaproute umzulenken und dadurch in ihre Hände zu bringen, gescheitert war, bemühte sich die East India Company um Kooperation mit den Julfaern. Gemäß dem 1688 in London geschlossenen Vertrag zwischen der East India Company (EIC) und dem Neu Julfaer Chodscha Panos Kalantar gewährte die Company Armeniern in Indien dieselben Privilegien, wie sie englische Kaufleute genossen. Im Gegenzug versprach die armenische Seite, ihren Handel mit Rohseide und Textilien zukünftig mit der EIC abzuwickeln.34 Allerdings war dieses Abkommen für die Engländer nicht von Vorteil, da die meisten armenischen Händler nicht bereit waren, mit der Company zu kooperieren und ihre traditionelle Landhandelsroute zu den Häfen der Levante zugunsten des englisch dominierten Seehandels aufzugeben. Daher blieb der Rohseidenhandel weiterhin in den Händen der Armenier. Als sich Mitte des 18. Jahrhunderts die englische Herrschaft über Bengalen gefestigt hatte, begann die EIC, die den Armeniern zuvor verliehenen Privilegien einzuschränken, was dazu führte, dass viele von ihnen den Subkontinent verließen.35
Einen entscheidenden Beitrag zu Erfolg oder Misserfolg des Handelsnetzwerks der Armenier leisteten somit nicht nur "innere Faktoren", wie ein effizientes Kommunikationsnetzwerk und das innerhalb der Julfaer "Koalition" herrschende gegenseitige Vertrauen, sondern auch die vor Ort vorgefundenen politischen Umstände sowie die Möglichkeiten, die sich den Armeniern dadurch boten.36 Armenische Kaufleute wurden wiederholt von den Mächtigen Europas und Asiens unterstützt, geschützt und oft gegenüber anderen – selbst einheimischen – Händlern bevorzugt. Im Safavidenreich konnten sie zur wirtschaftlichen Elite aufsteigen und erlangten nicht nur das Ausfuhrmonopol auf Rohseide, sondern spielten auch eine wichtige Rolle für den Haushalt des Hofes, den sie bisweilen finanzierten. Im Namen des Schahs unternahmen sie sogar diplomatische Missionen.
In einigen Hafenstädten des Mittelmeerraumes profitierten Armenier ebenso wie Juden und andere "fremde" Kaufleute zeitweise von der jeweiligen Rechtslage, wie etwa in Livorno, das um 1600 zum Freihafen und damit zu einer zollfreien Zone wurde.37 In Venedig, wo armenische Händler schon ab dem 12. Jahrhundert anzutreffen waren und wo sie über einen eigenen Handelshof verfügten, erhöhte sich deren Zahl nach der Einführung von Zollausnahmen für die Einfuhr von persischer Rohseide im 16. und 17. Jahrhundert. Es folgten weitere Vergünstigungen, die speziell an die armenischen Kaufleute Neu Julfas vergeben wurden. Venedig erlangte für das armenische Handels-, Informations- und kulturelle Netzwerk überdies große Bedeutung als Ort des ältesten armenischen Buchdrucks. Eine der bekanntesten Julfaer Familien, die Schahrimanyans, gewährte der Republik Venedig ein Darlehen in Höhe von 200.000 Dukaten, um dessen Beteiligung am sogenannten Türkenkrieg (1684–1699) zu unterstützen.38 Handelsprivilegien erhielten armenische Kaufleute auch im Frankreich Armand Jean du Plessis de Richelieus (1585–1642) und Jean-Baptiste Colberts (1619–1683), der 1669 Marseille zum Freihafen erklärte. Zwar protestierten die einheimischen Kaufleute gegen die erneute Ankunft von armenischen und jüdischen Händlern in der Stadt, doch sowohl Colbert als auch Ludwig XIV. waren der Ansicht, dass diese fremden Kaufleute mehr zum Wohle Frankreichs beitrugen als die Marseiller selbst.39 Nach Colberts Tod sahen sich die Armenier, wie die Juden, in Frankreich jedoch repressiven Maßnahmen gegenüber und die armenische Gemeinde Marseilles, die neben Kaufleuten auch Handwerker und Übersetzer beheimatete, schrumpfte.
Die Russlandroute im Handelsnetzwerk der Armenier
Im 17. Jahrhundert suchten die Julfaer Fernhandelskaufleute, vor allem aufgrund der wiederholten Unterbrechung der Levanteroute durch venezianisch-osmanische sowie osmanisch-persische Konflikte, nach einer Alternativroute für die Ausfuhr der Rohseide und anderer orientalischer Waren nach Europa. So entschied man sich für den Weg über Russland, der über das Kaspische Meer nach Astrachan', weiter wolgaaufwärts Richtung Moskau und von dort nach Archangel'sk am Weißen Meer führte, zu jener Zeit wichtigster Seehafen das Landes für den Außenhandel mit Europa. Als Folge von Verhandlungen der Julfaer mit dem schwedischen König Karl XI. (1655–1697) diente Ende des 17. Jahrhunderts vor allem das baltische Narva als Ausfuhrhafen der armenischen Händler auf ihrem Weg nach Schweden, London und insbesondere Amsterdam. Um 1700, als die Kaspi-Wolga-Route zu einem bedeutenden Alternativweg im Ost-West-Handel mit persischer Rohseide geworden war, betrug deren Export über Russland etwa 100.000 kg.40
Vom späten 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts hatten die armenischen Händler eine fast konkurrenzlose Position im Orienthandel des Reiches inne, wozu weitreichende Zugeständnisse auf wirtschaftlichem wie rechtlichem Gebiet wesentlich beitrugen. Grundlage dafür bildeten die Verträge des russischen Zaren Aleksej Michajlovic (1629–1676) mit den Julfaer Kaufleuten aus den Jahren 1667 und 1673. Darin wurde den armenischen Händlern das Monopol auf den Rohseidentransithandel durch Russland und eine Reihe von Begünstigungen eingeräumt, die in deutlicher Opposition standen zum ebenfalls 1667 erlassenen "Neuen Handelsstatut", das die Tätigkeit europäischer Kaufleute in Russland wesentlich einschränkte.41 Als Motiv für die Privilegierung der Julfaer Kaufleute wurden vom Gesetzgeber wie von den armenischen Repräsentanten die wachsenden Steuer- und Zolleinnahmen betont, die dem Staat durch diesen Handel zufielen.42 In den ersten Jahren nach Abschluss der Verträge mit den Armeniern verlief deren Transithandel über Russland aber nur in sehr geringem Umfang. Erst ab 1676 kam der Rohseidentransit der Armenier in Gang; in diesem Jahr konnte der niederländische Russlandkaufmann Koenraat van Klenck (1628–1691) trotz des Protests der Moskauer Kaufleute Zar Fjodor III. (1661–1682) dazu bewegen, die den Julfaern 1667 gewährten Rechte auf Transit nach Westeuropa (v.a. Amsterdam) und auf den direkten Handel mit Europäern in Archangel'sk, welche 1673 eingeschränkt worden waren, wiederherzustellen.43 Derweil versuchten auch europäische Mächte, vom Transithandel der Armenier zu profitieren. Es waren vor allem die Schweden, welche sich schon seit der Mitte des 16. Jahrhunderts um die Umleitung des Persienhandels vom Weißen Meer zum schwedischen Hafen Narva an der Ostsee bemühten. Erst 1687 gelang es Schweden durch die Missionen Ludvig Fabritius' (1648–1729), das Recht des Transits über Narva für Kaufleute aus Persien zu erwirken, womit die Julfaer Händler zu den Wegbereitern der neuen Außenhandelsroute Russlands wurden. Etwa ab dieser Zeit kam der Transithandel über Narva in Gang, welches aber ab 1708 als Transithafen von Sankt Petersburg abgelöst wurde.
Als Bedingung ihres Transitprivilegs hatten sich die Armenier zu verpflichten, in Zukunft den gesamten Export persischer Rohseide nur noch über Russland zu führen und die alte Handelsroute über Anatolien und das Mittelmeer nicht mehr zu frequentieren, wodurch das Zarenreich zur Drehscheibe des internationalen Seidenhandels werden sollte. Allerdings befolgten die armenischen Händler zu keinem Zeitpunkt diese Bestimmung, was zu wiederholtem Protest der Moskauer Kaufleute führte, die in ihren Eingaben die durch die Tätigkeit der Armenier den russischen Kaufleuten ebenso wie der Staatskasse entstehenden Verluste geltend machten.44 Doch gegenüber den Forderungen der russischen Kaufmannschaft nach der Einschränkung des armenischen Handels verteidigten die Zaren in der Regel der armenischen Händler. Nachdem Letztere aber die Bestimmungen der Verträge von 1667 und 1673 weiterhin nicht erfüllten, wurden die Julfaer Kaufleute schließlich im Jahr 1719 den anderen ausländischen Händlern in Russland rechtlich gleichgestellt. Trotzdem wuchs im Laufe des 18. Jahrhunderts der Orienthandel armenischer Kaufleute durch das Russländische Reich deutlich. Hatte der Jahresdurchschnitt der im Transit geführten Rohseide in den Jahren 1676 bis 1685 noch bei 12.032 kg gelegen,45 stieg er im Zeitraum zwischen 1723 und 1734 auf über 30.000 kg und 1743 bis 1747 gar auf 79.673 kg, bevor er zur Jahrhundertmitte wieder stark absank.46 Armenier blieben im Rohseidenhandel im und durch das Russländische Reich allerdings noch mindestens bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts führend, wenn sich auch ihr Anteil an den Seidenhändlern insgesamt verringerte.47
Vor allem ab den 1730er Jahren ging die Aktivität der Julfaer Kaufleute am russländischen Seidenhandel zugunsten der in Astrachan' ansässigen Armenier zurück. In der nahe der Wolgamündung ins Kaspische Meer gelegenen Stadt Astrachan' gab es bereits seit dem Mittelalter eine armenische Siedlung, die nach der moskauischen Eroberung im 16. und insbesondere im Verlauf des 18. Jahrhunderts durch Zuzug von Armeniern aus dem Südkaukasus und dem Inneren Persiens wuchs. Diese Hafenstadt hatte sich im Zuge des Orienthandels zum bedeutendsten Zentrum nicht nur der Handelstätigkeit, sondern auch des kulturellen und politischen Lebens der Armenier in Russland entwickelt.
In rechtlicher Hinsicht genossen die Armenier Astrachans eine weitgehende Privilegierung auf wirtschaftlichem Gebiet sowie Glaubensfreiheit und das Recht auf die innere Selbstverwaltung ihrer Kolonie.48 1746/1747 bekamen sie die Erlaubnis zur Gründung eines eigenen Gerichts, dessen Jurisdiktion auch andere armenische Gemeinden unterstanden, bevor diese ihr eigenes so genanntes "Armenisches Magistrat" erhielten. Das armenische Gericht funktionierte auf der Grundlage eines Mitte des 18. Jahrhunderts zusammengestellten Rechtsbuches, in welches sowohl Elemente des mittelalterlichen Kodex des Mxit'ar Goš (1120–1213), als auch armenisches Gewohnheitsrecht sowie Gesetze des russländischen Rechts einflossen, und das Strafsachen ebenso wie Familien- und Handelsrecht regelte. Die Armenier waren durch ihre rechtliche Sonderstellung von der Einschreibung in die städtische Ständeordnung ausgenommen und darüber hinaus von der Kopfsteuer, den städtischen und sonstigen Gebühren sowie von der Pflicht der Soldateneinquartierung in ihren Häusern befreit.49 Den Hintergrund dieser Privilegien bildete das Bestreben der Regierung, den Orienthandel Russlands zu befördern und zusätzliche armenische Migranten, die bedeutende Kapitalinvestitionen in diesen Handel tätigten, nach Astrachan' zu ziehen. Noch im ausgehenden 19. Jahrhundert lebte ein bedeutender Teil der sozialen, kulturellen und politischen Elite der armenischen Diaspora des Russländischen Reiches in Astrachan', wobei viele der armenischen Einwohner ebenso zur Händler- wie zur Beamtenschicht, zur Intelligenzia und zum Adel50 zählten.
Der Untergang des armenischen Handelsnetzwerks von Neu Julfa
Im 18. Jahrhundert kam es zum Bedeutungsverlust und schließlich zum Verschwinden des frühneuzeitlichen armenischen Handelsnetzwerks. Dazu trug zum einen die zunehmende Konkurrenz durch einheimische Kaufleute oder Handelsgesellschaften bei, die im Laufe der Zeit dazu führten, dass die Dominanz der Armenier auf bestimmten Gebieten, insbesondere des Fernhandels, schwand. Zum anderen spielte auch die wirtschaftliche wie politische Konjunktur vor Ort eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Netzwerks und seiner Stützpunkte. So erholte sich das Handels- und Kommunikationsnetzwerk der Armenier von Neu Julfa nie mehr vom Niedergang seines zentralen Knotenpunkts. 1746–1747 ließ Schah Nadir Iran (1688–1747) die Vorstadt zunächst durch astronomisch hohe Steuern finanziell ausbluten und sie danach von seinen Soldaten plündern. Neben diesen Ereignissen führten auch die unsicheren Handelsrouten von und nach Isfahan und der Missbrauch seitens korrupter Beamter in Nadir Schahs Regierungszeit zu einem massenhaften Exodus der armenischen Kaufleute Neu Julfas. Sie verließen das Gebiet in Richtung der Peripherien ihres Netzwerks wie Indien, der Mittelmeerraum und Russland.51 Doch nach dem Verlust seines Dreh- und Angelpunktes erwies sich dieses Netzwerk als nicht überlebensfähig und bis zum 19. Jahrhundert waren die Aktivitäten der armenischen Händler in vielen Teilen der Welt weitgehend in den jeweiligen wirtschaftlichen Strukturen vor Ort aufgegangen.