Der Medienbegriff
Der Begriff "Medium" wird heute auf recht unterschiedliche Gegenstände angewandt. In einem weiten Sinn verstehen manche Autoren darunter alle möglichen Träger und Kanäle zur Übermittlung von Zeichen und Botschaften. Der kanadische Medientheoretiker Marshall McLuhan bezeichnet damit sogar alle zivilisatorischen Vorkehrungen zum Ausgleich menschlicher Organmängel (z.B. Auto, Uhr, Eisenbahn usw.).1 Damit ufert der Begriff aber sehr aus. Im engeren Sinn werden daher als Medien jene Techniken bezeichnet, die zur massenhaften Vervielfältigung und Verbreitung von Aussagen an eine große Zahl von Empfängern geeignet sind. Hier spricht man auch von Medien der Massenkommunikation oder publizistischen Medien. Nur von diesen soll in diesem Beitrag die Rede sein.
Die erste Technik, die solche Leistungen zustande brachte, war der Druck mit beweglichen Lettern, den Johannes Gutenberg (um 1400–1468) um 1450 in Mainz erfunden hat. Erst seitdem kann daher von Medien im engeren Sinn gesprochen werden. Freilich hatten diese ihre Vorformen seit der Frühzeit der Menschheit. Bücher gab es schon in der Antike und im Mittelalter, ihre Verbreitung war jedoch begrenzt, weil die handschriftliche (Re-)Produktion sehr zeitaufwändig war.2 Auf Basis der Drucktechnik bildeten sich verschiedene Mediengattungen heraus. Doch blieb diese über mehr als 300 Jahre die einzige Medientechnik. Erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts kamen neue Medien hinzu, zunächst der Film, dann seit den 1920er Jahren die elektronischen Medien Rundfunk und Fernsehen. Eine weitere Vermehrung der Medien fand dann im ausgehenden 20. Jahrhundert statt.
Systematisch klassifizieren lassen sich die Medien nach den (primär) zur Kodierung verwendeten Zeichen (Wort/Bild bzw. digitale/ikonische Zeichen), den angesprochenen Wahrnehmungskanälen (einkanalig/zweikanalig, optisch/akustisch/audio-visuell), der Technik (Druck/Funk) und der Verfügbarkeit (gespeichert/nicht gespeichert).
Druckmedien
Druckmedien (heute häufig: Printmedien) sind nach verschiedenen Merkmalen zu unterscheiden: danach, ob es sich um Einzeldruckwerke oder um Periodika handelt, ferner nach Inhalt und Sachgebiet, nach Format und Darstellungsart, nach ihrem Zweck bzw. ihrer Funktion sowie nach ihrer Leserschaft.
Das Buch
Das Buch hat im 16. Jahrhundert die uns bekannte Gestalt angenommen.3 Unmittelbare Vorläufer waren die Blockbücher, in denen der Text noch aus einer Holzvorlage herausgeschnitten wurde. Im Jahrtausend zuvor war der Codex die Standardform des Buches gewesen. Erst die Nutzung beweglicher Lettern ermöglichte aber die Herstellung größerer Auflagen. Anfangs wurden vor allem die Bibel oder andere Werke für den kirchlichen Gebrauch hergestellt. Hinzu kamen jedoch alsbald auch Schulbücher sowie die Nutzung der Technik für den Druck von "Belletristik" und wissenschaftlichen Werken.
Von Mainz aus breitete sich die Drucktechnik rasch im deutschsprachigen Gebiet und in anderen Länden Europas aus. Bis 1500 waren in 265 Orten Druckereien entstanden, davon 62 in deutschsprachigen Ländern, 80 auf dem Gebiet des heutigen Italien und 45 in Frankreich. Die Anzahl der bis dahin gedruckten Ausgaben wird auf bis zu 40.000 geschätzt. Von ihnen wurden rund 10 Millionen Exemplare hergestellt. Damit entstand ein europäischer Buchmarkt.
Das Buchangebot hat sich im Laufe der Jahrhunderte – bedingt durch die geistigen, kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen – weiter diversifiziert.4 Neue Gattungen bildeten sich heraus. Diese lassen sich nach verschiedenen Prinzipien einteilen, wobei Überschneidungen vorkommen: nach dem Inhalt bzw. der Darstellungsart (Belletristik, Sachbuch usw.), nach der Leserschaft (Kinder-, Jugendbücher), nach der Form bzw. dem Format (Taschenbuch, Hardcover, Bildband usw.) oder auch nach dem Zweck (Lexikon, Enzyklopädie, Kochbuch, Reiseführer usw.).
Kleindrucke: Einblattdruck, Flugblatt, Neue Zeitung
Neben den Büchern, die eine größere Seitenzahl aufweisen können, entstanden seit dem späten 15. Jahrhundert auch Kleindrucke, d.h. Drucke geringen Umfangs. Dazu zählen beispielsweise Einblattdrucke, die außer typographischem Druck häufig auch Illustrationen aufweisen. Später bürgerte sich für diese Publikationsform im Deutschen der Ausdruck "Flugblatt" ein, als Übersetzung des französischen "feuille volante". Flugblätter konnten religiöse, amtliche, naturkundliche, propagandistische und literarische Inhalte haben.5 In großer Zahl wurden sie im 17. und 18. Jahrhundert gedruckt.
Einblattdrucke wurden aber auch zur Verbreitung von Nachrichten verwendet. Als eigene Gattung bildeten sich dafür seit dem Anfang des 16. Jahrhundert die so genannten "Newen Zeytungen" heraus, die auch mehrseitig sein konnten. Ihre Anzahl wird – durch Hochrechnung – im deutschsprachigen Raum im 16. und 17. Jahrhundert auf ca. 16.000 bis 17.000 geschätzt.6 Die "Newen Zeytungen" wurden ereignisabhängig gedruckt und hatten ihre Blütezeit in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Sie berichteten bevorzugt über Kriege und Militärisches, aber auch Sensationen kamen vor.7
Ähnliche Druckwerke wurden im 16. Jahrhundert auch in anderen Ländern Europas hergestellt. In Frankreich hießen sie "feuilles occasionelles" oder "canards". In Italien war zunächst Venedig das Zentrum der Produktion, wo sie unter den Namen "avvisi" oder "gazette" erschienen. In den Niederlanden kursierten "Nieuwsbrieven" und gedruckte "Nieuwe Tijdingen". In England wiederum wurden sie als "Corontos", "Newsbooks" oder "Diurnalls" bezeichnet.8 In Spanien nannte man diese Nachrichtenblätter "Relaciones", in Portugal "Relações".
Die Flugschrift
Die Flugschrift muss als eigene Gattung vom Flugblatt und Einblattdruck unterschieden werden. Dafür sprechen sowohl die äußere Form als auch der Inhalt und die Funktionsbestimmung, obgleich die Grenzen und Übergänge zwischen ihnen mitunter fließend sind. Für Flugschriften charakteristisch ist ein mehrseitiger Umfang, der für längere Ausführungen Platz bietet. Daher dienen sie weniger der bloßen Unterrichtung als der Einflussnahme auf Meinungen und Überzeugungen, ja sind Mittel der Propaganda.
Flugschriften erlebten einen "Boom" in der Reformation und den sie begleitenden konfessionellen Auseinandersetzungen. Das gilt jedenfalls für das Deutsche Reich. Die Zahl der hier zwischen 1501 und 1530 hergestellten Flugschriften wird auf 10.000 Ausgaben geschätzt; die Gesamtauflage muss über zehn Millionen betragen haben.9 In England wurde diese Gattung "Pamphlet" genannt. Eine Welle solcher Druckwerke schwoll dort seit den 1580er Jahren an. In katholischen Ländern entwickelte sich diese Gattung dagegen weniger stark, doch trat sie auch dort auf.10 So beispielsweise in Frankreich, wo es im Kampf der Pariser Fronde (1648–1652) gegen Kardinal Jules Mazarin (1602–1661) eine intensive Flugschriftenpublizistik gab.11
Flugschriften – wie auch Flugblätter – sind Mediengattungen, die auch später in Zeiten politischer Umbrüche und in Krisenmomenten aufblühten. Das war in Frankreich so beim Ausbruch der Revolution 1789, als man von einer regelrechten "Broschürenkrise" gesprochen hat.12 Weitere Höhepunkte erlebte diese Mediengattung in Deutschland im Dreißigjährigen Krieg, in den Befreiungskriegen gegen Napoleon, im Vormärz und im Umfeld der Revolution von 1848.13
Die Zeitung
Die Zeitung im modernen Sinn war als eigene Mediengattung erst voll entwickelt, als aktuelle und thematisch universelle Nachrichten fortlaufend in regelmäßigen Intervallen gedruckt wurden. Essentiell ist also die Periodizität. Eine Regelmäßigkeit wiesen schon die "Messrelationen" auf, deren älteste aus dem Jahr 1583 stammt. Sie erschienen jeweils jährlich bzw. halbjährlich zu Handelsmessen mit Informationen aus dem vorangegangenen (Halb-)Jahr. Aus dem Jahr 1597 ist eine Folge von 12 Monatszeitungen überliefert (Annus Christi oder "Rorschacher Monatschrift"). Wegen der großen Erscheinensintervalle fehlte diesen Organen aber noch eine hinreichende Aktualität. Eine solche war erst mit dem wöchentlichen Erscheinungsrhythmus gegeben.
Als älteste Zeitung, die dieses Merkmal aufwies, gilt die in Straßburg gedruckte Relation. Von ihr ist der Jahrgang 1609 erhalten. Doch deutet eine Bittschrift des Druckers Johann Carolus (1575–1634) an den Rat der Stadt darauf hin, dass sie schon 1605 erschienen sein muss. Aus dem Jahr 1609 ist noch eine weitere Zeitung überliefert, der in Wolfenbüttel gedruckten Aviso. Deutschland steht mit diesen beiden Zeitungen am Anfang der Zeitungsgeschichte. Hier entwickelte sich dieses Medium im 17. Jahrhundert am reichhaltigsten, was mit der territorialen Vielgliedrigkeit des Alten Reiches zusammenhing. Um 1700 gab es 60 bis 70 Titel. Auch erschienen die Zeitungen allmählich häufiger, zunächst zweimal in der Woche, im 18. Jahrhundert drei- und viermal. 1650 erschien in Leipzig die erste Tageszeitung, die schon sechsmal wöchentlich gedruckt wurde (Einkommende Zeitung). Doch blieb das zunächst ein Sonderfall. Die durchschnittliche Auflage früher Zeitungen wird auf 400 bis 500 Exemplare geschätzt.14
Zeitungen entstanden im 17. Jahrhundert auch in den anderen europäischen Ländern.15 Am raschesten folgten die Generalstaaten (Vereinigte Niederlande), in denen die Entwicklung – nach Deutschland – am stürmischsten verlief. Die ältesten bekannten Zeitungsausgaben stammen hier aus dem Jahr 1618 (Courante uyt Italien, Duytsland &c). Amsterdam wurde neben Hamburg zum wichtigsten Zentrum der Zeitungsproduktion in der Frühzeit der europäischen Presse.16 In den Spanischen Niederlanden, dem heutigen Belgien, kam die erste Zeitung 1620 in Antwerpen heraus (Tijdinghe...).
In Frankreich etablierte sich die erste regelmäßige Zeitung 1631. Der zu diesem Zeitpunkt gegründeten Gazette waren die Nouvelles ordinaires de divers endroits vorausgegangen, die dem neuen Konkurrenten weichen mussten.17 Die Gazette konnte ihre Monopolstellung bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts wahren, wurde aber in vielen Städten des Landes nachgedruckt. Eine Sonderform waren die aus Zensurgründen außerhalb des Mutterlandes gedruckten französischen Zeitungen wie die Gazette de Leyde (1677ff.) und die Gazette d'Amsterdam (1688ff.). Als älteste periodische Zeitung Englands gilt die vom Hof 1655 herausgegebene (amtliche) Oxford Gazette, die im Jahr darauf den Titel London Gazette annahm.18
In Italien erschienen voll ausgebildete Zeitungen 1636 und 1639 in Florenz und Genua. Ihnen vorausgegangen waren in Venedig die "avvisi" oder "gazette". Die erste Zeitung in schwedischer Sprache kam 1645 heraus (Ordiarie Post Tijdender / Post- och Inrikes Tidningen). Sie besteht noch heute. In Spanien war die Gaceta Ordinaria de Madrid 1677 die erste Wochenzeitung. Vorausgegangen war 1661 die monatliche Gazeta Nueva. Und aus dem Jahr 1641 stammen bereits Exemplare zweier Zeitungen aus Barcelona, bei denen es sich aber nur um Übersetzungen französischer Vorlagen handelte. 1661 ist auch das Geburtsjahr der ältesten Zeitung in Polen (Merkuriusz Polski). Eine erste Zeitung in dänischer Sprache kam 1672 heraus. Im Jahr 1703 wurde die erste russische Zeitung gedruckt. Noch weitere Jahrzehnte dauerte es, bis 1771 auch in Finnland die erste Zeitung in der Universitätsstadt Åbo/Turku erschien.
In ihrem Erscheinungsbild und in ihrem Inhalt waren sich die Zeitungen verschiedener Länder zunächst sehr ähnlich. Es dominierte die politisch-militärische Berichterstattung. Die Zeitungen brachten lange Zeit primär Nachrichten aus dem Ausland, das heißt aus den anderen Ländern Europas, und trugen somit viel zum Transfer von Informationen über diese bei. Dabei verschoben sich im Lauf der Zeit und den historischen Ereignissen gemäß die Schwerpunkte der Berichterstattung.19
Der Grundtyp der Zeitung änderte sich erst im 19. Jahrhundert. Die Voraussetzungen dafür waren die Erfindung der Schnellpresse und Neuerungen der Papierproduktion. Jetzt konnten auch größere Formate und Auflagen gedruckt werden, die in die Tausende gingen. Mit dem Vordringen des Anzeigenwesens in die Zeitungen und die Aufhebung der Besteuerung entstand der Typ der Massenzeitung. Die Prototypen der "penny press" entstanden in den Vereinigten Staaten. Doch erschienen in Frankreich bereits 1836 zwei Zeitungen der "presse à bon marché": La Presse und Le Siècle. Sie machten den Anzeigenteil zu ihrer wesentlichen Finanzierungsquelle, sodass der Verkaufspreis gesenkt und Massenabsatz erzielt werden konnte. Das Interesse der Leser suchte man aber auch durch Erweiterung des Inhalts (z.B. des Feuilletons) zu befriedigen. In den 1850er Jahren wurde die populäre Tagespresse auch in Großbritannien heimisch. Den Anfang machte der Daily Telegraph and Courier, der seine Auflage bis 1880 auf 250.000 Exemplare steigern konnte. In Deutschland vollzog sich der Übergang zur populären Massenpresse in den 1870er und 1880er Jahren in Form der so genannten "Generalanzeiger". Sie waren ganz auf dem Anzeigenteil aufgebaut, brachten aber auch lokalen und unterhaltenden Lesestoff. Ferner betätigten sich die Blätter als Ratgeber. Das erfolgreichste dieser Organe war in Deutschland der Berliner Lokal-Anzeiger (Auflage: 150.000 Exemplare).
Neben der eher unpolitischen Massenzeitung war die Meinungs- und Parteipresse eine typische Erscheinung geworden. Letztere konnte erst entstehen, als die Pressefreiheit gewährt wurde. Da England dabei vorausging und dort praktisch seit 1695 Pressefreiheit herrschte, bildete sich schon im 18. Jahrhundert eine politisch polarisierte Presse heraus, in der die Whigs und die Tories ihre eigenen Blätter hatten. In anderen Ländern entstand die Parteipresse erst infolge der Parlamentarisierung und der Bildung von Parteien im 19. Jahrhundert, so auch in Deutschland und in Frankreich. Die Auflagen der Parteipresse blieben begrenzt, da sie primär von politisch Gleichgesinnten gelesen wurde. Dagegen konnten politisch nicht so festgelegte Organe viel höhere Auflagen erzielen. Zur erfolgreichsten Zeitung Frankreichs im 19. Jahrhundert wurde Le Petit Journal (1863ff.). Le Petit Parisien (1876ff.) und Le Matin (1883ff.) brachten es ebenfalls zu Millionenauflagen.
Die Zeitschrift
Neben die Zeitung, die der aktuellen Unterrichtung diente, trat seit der Mitte des 17. Jahrhunderts eine andere Gattung des Pressemediums: die Zeitschrift. Im Deutschen ist dieser Begriff erst seit 1751 belegt. Vorher verwendete man dafür lateinische Titel (Acta, Ephemeriden) oder sprach von "Journal", "Wochenschrift" oder "Monatschrift". Kennzeichnend für diese Pressegattung ist, dass sie "begrenzt" ist, und zwar sowohl im Inhalt als auch hinsichtlich der Aktualität durch die in der Regel größeren Erscheinungsintervalle. Die Zeitschrift erfüllt zudem andere Funktionen als die Zeitung und richtet sich an mehr oder weniger eingeschränkte Zielgruppen.
Als erste Zeitschrift gilt das Journal des Sçavans, das 1665 in Paris herauskam. Es handelte sich um eine Gelehrtenzeitschrift. Sie brachte Auszüge aus und Zusammenfassungen von Büchern, Neuigkeiten aus der literarischen Welt, Nachrufe, bald auch eigene Abhandlungen und Rezensionen. Noch im gleichen Jahr fand die Zeitschrift Nachahmer in England (Philosophical Transactions). Drei Jahre später entstand in Rom das italienische Giornale dei Letterati. In Deutschland ist der Typ der Gelehrtenzeitschrift erst mit den Acta Eruditorum 1682 übernommen worden. Wie der Titel anzeigt, benutzte man darin noch das Lateinische als Wissenschaftssprache.
In Frankreich folgte mit dem Mercure galant seit 1672 ein weiterer Zeitschriftentyp. Er brachte Neuigkeiten aus der höfischen Gesellschaft und dem kulturellem Leben. Hinzu kamen Rätsel, Verse und Erzählungen. Die Zeitschrift war somit eher auf Unterhaltung angelegt. In Deutschland trat mit Der Verkleidete Götter-Both Mercurius 1674 die politisch-historische Zeitschrift hervor. Sie nahm wichtige politische Vorgänge zum Anlass für kontroverse Debatten. Damit fand das politische Räsonnement Eingang in die Publizistik. Die Monatsgespräche (1688–1692) des Leipziger Professors Christian Thomasius (1655–1728) werden als erste deutschsprachige literarische Zeitschrift angesehen.20
Die Zeitschrift wurde im 18. Jahrhundert zum publizistischen Medium der Spezialisierung. Die Zahl der Titel stieg stark an, wobei sich immer neue Teilgattungen herausbildeten. Oft handelte es sich nur um kurzlebige Organe, weil der Absatz zu gering war. Höhere Auflagen von mehreren tausend Exemplaren vermochten nur wenige Blätter zu erzielen. Joachim Kirchner hat in seiner deutschen Zeitschriftenbibliographie 1682 bis 1830 mehr als 6.600 Titel verzeichnet und nach Typen klassifiziert. Obgleich diese Klassifikation in vielen Fällen nicht unproblematisch ist, gewinnt man daraus dennoch eine Vorstellung von der Gattungsvielfalt der Zeitschrift.
Die Zeitschrift wurde zu einem Kommunikationsmedium für die sich zunehmend spezialisierenden Einzelwissenschaften und gesellschaftlichen Interessengebiete. Viele Zeitschriften wollten aber auch der Unterhaltung und dem Zeitvertreib dienen (Publikumszeitschriften). Sie konnten teilweise auch höhere Auflagen erzielen. Überdies wurden neue Leserschichten durch sie erschlossen, zumal die weibliche Leserschaft (Frauen- und Modezeitschriften). Im Zuge neuer Erfindungen und gesellschaftlicher Trends entstanden stets jeweils neue Zeitschriften, im 20. Jahrhundert beispielsweise Filmzeitschriften, Motorzeitschriften, Sportzeitschriften usw.
Auch in den anderen Ländern Europas hatte sich die Zeitschrift im 18. Jahrhundert ausgebreitet. Frankreich war der Nährboden für eine ganze Reihe literarisch-philosophischer Organe, die radikale Positionen einnahmen und von anderen bekämpft wurden. Als Titel zu nennen sind zum Beispiel das Journal encyclopédique (1755ff.) und das Journal de Trévoux (mit Vorläufern seit 1701).21 Zu den kulturspezifischen Zeitschriften-Schöpfungen Englands gehörten vor allem die "moral weeklies". Joseph Addison (1672–1719) und Richard Steele (1672–1729) schufen den Tatler (1707–1711), Spectator (1711–1712, 1714) und Guardian (1713). Diese Gattung fand in großem Stil ihre Entsprechung und Nachfolge in den deutschen Moralischen Wochenschriften (von Kirchner unter "Sittenschriften" rubriziert).22 Dabei handelte es sich um eine ziemlich kohärente Gattung, die durch originelle Titel, fiktive Verfasserschaft und ein Programm zur Verbesserung der bürgerlichen Sitten und Lebensweisen geprägt war. Dutzende von Titeln sind in Deutschland zwischen 1713/14 und 1775 herausgekommen. Nachbildungen, wenn auch viel weniger zahlreich, gab es auch in Frankreich, Holland, Dänemark, Schweden und Spanien. Kaum ein anderes Zeitschriftenkonzept fand im 18. Jahrhundert eine derartige transnationale Verbreitung in Europa. Die Gelehrtenzeitschrift wurde in England vor allem von den "learned journals" vertreten, die Unterhaltungszeitschrift von den "miscellany journals", die im Stil persönlicher Briefe geschrieben waren, beginnend mit dem Gentleman's Magazine (1731ff.), dem Universal Magazine (1747ff.) und dem Monthly Magazine (1796ff.). Die Zeitschriften in Italien folgten den englischen und französischen Vorbildern, den ersteren das Magazino universale (1751ff.), den letzteren die Novelle letterarie (1740ff.).
Im 19. Jahrhundert entstanden abermals neue Zeitschriftentypen. Manche davon erreichten durch entsprechende Stoffdarbietungen und Produktionsweisen jetzt Massenauflagen. Zu nennen sind hier die zuerst in England ins Leben gerufenen "Penny Magazine" (1832ff.). Sie boten preiswert allgemein interessierenden Lesestoff. Unmittelbare Nachfolger dieses Konzepts waren in Deutschland das Pfennig-Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse (1833 ff.) sowie weitere Titel dieser Art. Diese Organe waren reichhaltig illustriert. Dafür stand mit dem Holzstich eine neue Technik zur Verfügung. Diese machte sich noch eine andere, in den 1840er Jahren auftretende Zeitschriftengattung zunutze, die "Illustrierte". Zu dieser Gruppe gehörten die Illustrated London News (1842 ff.), die Leipziger Illustrirte Zeitung (1842ff.) und in Paris L'Illustration (1843ff.). Einen weiteren Aufschwung nahmen die Illustrierten dann seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, als auch Fotos abgedruckt werden konnten. Die Erfindung der Lithographie hatte ebenfalls die Entstehung einer neuen Zeitschriftengattung nach sich gezogen, die vor allem Karikaturen enthielt. Bekannt wurden in Frankreich La Caricature (1830ff.) und Le Charivari (1832ff.), in Deutschland verschiedene Witzblätter der 1848er Revolution und später (ab 1896) der Simplicissimus.23 In England war die Karikatur schon im 18. Jahrhundert zu einer ersten Blüte gelangt. Die wichtigste Zeitschrift dieser Art stellte dann der seit 1841 in London erscheinende Punch or The London Charivari dar.
Das Intelligenzblatt (Anzeigenblatt)
Neben die Zeitung und die Zeitschrift trat im 18. Jahrhundert eine dritte Gattung des Pressemediums, für die sich in Deutschland der Begriff Intelligenzblatt einbürgerte. Dessen Ursprünge liegen allerdings in Frankreich. Théophraste Renaudot (um 1586–1653) errichtete in Paris 1630 zur Gewerbeförderung ein "Bureau d'Adresse et de Rencontre". Dort konnten Angebote von Gütern und Dienstleistungen hinterlegt und nachgefragt werden. Renaudot kam auf den Gedanken, diese Angebote und Nachfragen drucken zu lassen und sie seiner Zeitung, der Gazette, beizulegen (Feuilles du Bureau d'Adresse). Damit war das Intelligenzblatt geboren, das die Verbreitungsmöglichkeiten durch den Druck für die Anzeigenwerbung nutzte.
Dem Beispiel Renaudots folgte man zunächst in England. Hier sind Versuche zur Etablierung eines Adressbüros schon in den 1640er Jahren überliefert. 1667 erschien in London der Publick Advertiser, der ausschließlich aus Anzeigen bestand und diesen Typ in England etablierte. In Deutschland fasste er erst im frühen 18. Jahrhundert Fuß. 1722 begannen die Wöchentlichen Franckfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten zu erscheinen mit dem für diese publizistische Gattung typischen, auf Erscheinungsweise, Ort, Inhalt bzw. Funktion abstellenden Titel. Im Titel hat sich der Begriff "Intelligenzblatt" erst seit 1760 durchgesetzt. (Er leitete sich ab von lat. intellegere, "Einsicht nehmen in"). Das Intelligenzblatt hat in Deutschland im 18. Jahrhundert weite Verbreitung gefunden. Um 1800 gab es rund 170 Titel.24
In Preußen war die Existenz des Intelligenzblatts mit einem staatlichen Anzeigenmonopol verbunden, das erst 1850 aufgehoben und bis dahin die Aufnahme von Anzeigen in die (politische) Tagespresse behindert hatte. Die publizistische Funktion der Intelligenzblätter beschränkte sich nicht mehr nur auf die Anzeigenwerbung. Hinzu kamen amtliche Bekanntmachungen, sozusagen lokale Berichterstattung, Beratung, aber auch (in Beilagen) Unterhaltungsstoff. Innerhalb der Gattung gab es, zumal im frühen 19. Jahrhundert, mehrere Varianten. In Frankreich, von wo die Idee des Intelligenzblatts seinen Ausgang genommen hatte, kehrte die Gattung des Annoncenblatts über das deutsche Modell erst wieder Mitte des 18. Jahrhunderts zurück.25 Jetzt führten die Titel den Namen "Affiches". Neben den Affiches de Paris (1745ff.) erschienen solche Titel auch in den Städten der französischen Provinz, u.a. in Lyon, Montpellier, Orléans, Rennes und Rouen.
Der Film
Über einen langen Zeitraum der europäischen Geschichte hinweg war die gedruckte Presse (mit ihren Untergattungen) das einzige Massenmedium. Erst am Ende des 19. Jahrhunderts trat mit dem Film ein neues Medium hinzu. 1895 fanden in Paris (und in Berlin) die ersten öffentlichen Filmvorführungen statt, weshalb man dieses Jahr auch das "Geburtsjahr" des Films nennt.26 Allerdings ging auch ihm eine längere Vorgeschichte voraus. Die Sehnsucht der Menschen nach bewegten Bildern ist alt und fand schon in Erfindungen wie der Laterna magica und anderen Geräten zur Erzeugung optischer Illusionen ihren Ausdruck. In die 1830er Jahren sind die ältesten Fotografien datiert. Weitere Erfindungen waren notwendig, damit die Bilder "laufen lernten". Nach zahlreichen Vorstufen gelang den Gebrüdern Auguste (1862–1954) und Louis Lumière (1864–1948) in Frankreich 1895 mit ihrem Cinématographe die Konstruktion eines Geräts, das sowohl zur Filmaufnahme als auch zur Projektion geeignet war.
Der Film ist ein Medium, das sich ebenfalls in eine Reihe von Teilgattungen ausdifferenziert hat. Im Einzelnen lassen sich diese nach Länge, Form, Funktion, Inhalt usw. unterscheiden: in abendfüllenden Film und Kurzfilm, Schwarzweißfilm und Farbfilm, Kinofilm und Fernsehfilm, ferner in Genres wie Kriminalfilm, Liebesfilm, Heimatfilm, Science-fiction Film, Musikfilm und Western. Während der Spielfilm eine fiktive Handlung hat, schildert der Dokumentarfilm reale Sachverhalte. Zunächst wurden Stummfilme produziert, die mit Musik begleitet und allenfalls durch sprachliche Einblendungen auf der Leinwand erläutert wurden. Solche Filme konnten ohne Verständigungsprobleme in verschiedenen Ländern aufgeführt werden. Als dann Mitte der 1920er Jahre die Tonfilmtechnik erfunden wurde, erschwerte dies den internationalen Absatz von Filmen und machte die fremdsprachliche Synchronisation notwendig.
In der Frühzeit des Films dominierte in Europa die französische Filmindustrie. Die französische Produktionsfirma von Charles Pathé (1863–1957) brachte 1909 auch die erste Wochenschau auf den Markt und begründete damit das Aktualitätenkino. Vor 1914 beherrschten noch italienische und dänische Filme den deutschen Markt. Zu einem Aufschwung der deutschen Filmindustrie kam es erst im Gefolge des Ersten Weltkriegs, als die Einfuhr ausländischer Filme erschwert wurde. Im Krieg wurde der Film auch als Propagandamittel entdeckt. Aus dem vom Militär gewünschten Bild- und Film-Amt (BUFA) ging nach dem Krieg die wichtigste deutsche Filmfirma, die Universum Film AG (UFA), hervor.
Elektronische Medien (Rundfunk)
Die Entdeckung der elektromagnetischen Wellen durch Heinrich Hertz (1857–1894) 1888 bildete die technische Errungenschaft, aus der im 20. Jahrhundert das Medium Rundfunk entsprang. Unter diesem Begriff verstand man anfänglich nur die akustische Übermittlung von Signalen. Inzwischen ist er aber der Oberbegriff für zwei Gattungen elektronischer Medien, nämlich den Hörfunk (Radio) und das audio-visuelle Fernsehen.
Hörfunk
Im Ersten Weltkrieg hatte man die Funktechnik noch ganz für militärische Zwecke genutzt. Zu einer zivilen Nutzung kam es erst in den 1920er Jahren. Während Presse und Film durch private Unternehmer (Drucker, Filmproduzenten, Kinobesitzer) zu Medien der Massenkommunikation geworden waren, geschah dies in Deutschland beim Funk von Beginn an durch den Staat. Maßgeblich dafür war die schon in der Reichsverfassung von 1871 festgelegte staatliche Fernmeldehoheit, die später auf den drahtlosen Funk übertragen wurde. Die erste Radiosendung wurde in Deutschland am 29. Oktober 1923 von der Berliner Funkstunde ausgestrahlt. Außer ihr entstanden in Deutschland weitere acht regionale Sendegesellschaften, die bis Oktober 1924 ihren Sendebetrieb aufnahmen.27 An ihnen besaß die Reichspost mit 51 Prozent die Mehrheit der Anteile. 49 Prozent befanden sich im Besitz von zumeist privaten Kapitalgebern, auf die man zur Finanzierung der Programme angewiesen war. Als Dachorganisation fungierte die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG).
Aufgrund seines technischen Charakters und seiner organisatorischen Bedingungen konnte sich der Hörfunk nicht in solche Teilgattungen ausdifferenzieren wie die Presse. Doch weist er seinerseits unterschiedliche Programmgattungen auf. Zu unterscheiden sind grundsätzlich Wort- und Musikprogramme. Beide bestehen wiederum aus mehreren Unterformen: Zu den Wortprogrammen gehören Nachrichten und Zeitfunk, Zielgruppensendungen (z.B. Kinderfunk, Frauenfunk, Kirchenfunk), Bildung (Vortragswesen), literarische Sendungen (z.B. Hörspiel), Sportübertragungen, Serviceprogramme und ähnliches. Was die Musikprogramme betrifft, so wird in der Regel zwischen E-Musik, bestehend aus Opern, klassischen Konzerten usw., und U-Musik, bestehend aus Volksmusik, Schlagern usw., unterschieden. Im Laufe der Entwicklung bildeten sich durch diese Teilgattungen feststehende Programmstrukturen heraus.28
In den 1920er Jahren entstanden Rundfunksender auch in den anderen europäischen Ländern. Sie gingen zum Teil aus privaten Initiativen hervor, so in Belgien, Italien und Spanien. Später gerieten sie dann aber auch unter den Einfluss des Staates, was in anderen Ländern schon früher der Fall war (z.B. Dänemark). In den Niederlanden wurde der Rundfunk verschiedenen Organisationen überlassen, die die Sendezeit unter sich aufteilen mussten. Schon früh ging man in Großbritannien einen Sonderweg, wo die British Broadcasting Corporation (BBC) 1927 zu einer "öffentlichen Anstalt" erklärt wurde.29 Dies sollte dem Sender sowohl Unabhängigkeit vom Staat als auch von privaten Interessenten garantieren. Öffentlich-rechtlich organisiert war der Rundfunk auch in Schweden, staatlich hingegen in Russland und von 1932 bis 1945 in Deutschland. Die BBC wurde nach 1945 zum Vorbild der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland.
Fernsehen
Schon seit dem 19. Jahrhundert war auch mit der Fernübertragung von Bildern experimentiert worden. Frühe mechanische Verfahren blieben unzureichend. Erst spätere technische Erfindungen von Physikern und Ingenieuren konnten die technischen Probleme lösen. Am 22. März 1935 fand in Berlin die Eröffnung eines festen Programmbetriebs statt.30 Die Nationalsozialisten wollten damit die deutsche Überlegenheit demonstrieren. Großbritannien folgte am 2. November 1936. Das Potenzial dieses Mediums wurde von den nationalsozialistischen Machthabern aber noch nicht erkannt. Der Bildschirm war noch klein und die Zahl der verfügbaren Empfangsgeräte gering. Gleichwohl begannen sich auch beim Fernsehen, in Anlehnung an den Hörfunk, Film und das Theater, bestimmte Programmgattungen und Programmfolgen herauszubilden. Die Entwicklung brach jedoch mit dem Beginn des Kriegs ab, weil alle Mittel für diesen benötigt wurden. So endete das Fernsehen im Dritten Reich mit Wunschkonzerten für die im Lazarett befindlichen Soldaten. Seinen Aufstieg zum modernen "Leitmedium" sollte das Fernsehen erst nach dem Zweiten Weltkrieg antreten.