Quelle: Beschwerde des Magistrats Frankfurt a. O. an das Reichsministerium des Innern in Berlin bezüglich russlanddeutscher Zuwanderer, 10.12.1921

von by Jochen Oltmer Original aufOriginal in Deutsch, angezeigt aufdisplayed in Deutsch
PublishedErschienen: 2011-06-01
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    Am 6. Dezember 1921 erreichte ein Eisenbahntransport mit rund 400 Flüchtlingen Frankfurt an der Oder. Es handelte sich um Wolgadeutsche, die wegen der Hungerkatastrophe das vom Bürgerkrieg schwer gezeichnete große rußlanddeutsche Siedlungsgebiet um die Stadt Saratow verlassen hatten. Ein Großteil der Zuwanderer litt unter hochinfektiösem Flecktyphus. Die in der Mitteilung des Magistrats der Stadt geäußerte Kritik richtete sich gegen das verantwortliche Reichsinnenministerium, das die lokalen Behörden nicht über die Transporte informiert hatte. Wegen der Ereignisse sah sich das Reichsinnenministerium veranlasst, die deutschen Grenzen für die Zuwanderung von Russlanddeutschen zu sperren.

    InhaltsverzeichnisTable of Contents

    Transkription

    Am Dienstag, den 6. d. Mts. wurde uns vom Flüchtlingskommissariat mitgeteilt, dass im hiesigen Flüchtlingslager ein Transport von Russen deutscher Abstammung aus dem angekommen sei, von denen eine grössere Anzahl erkrankt sei und sofort im städtischen Krankenhaus aufgenommen werden müsste. Es wurden in dem Krankenhaus daraufhin 85 schwer erkrankte Männer, Frauen und Kinder eingeliefert und zwar in völlig verlaustem und verwahrlostem Zustande. Da sogleich feststand, dass die Mehrzahl der Kranken an Flecktyphus litten oder mit anderen ansteckenden Krankheiten behaftet waren, so wurden die Kranken sofort in die Reservebaracken des Krankenhauses eingeliefert, entlaust und behandelt. Da hierdurch die zunächst bereitgestellten Baracken, Waschmaterial u.s.w. völlig infiziert waren, mussten die Kranken sogleich nach Reinigung umgelegt werden. Es war auch mit Bestimmtheit zu erwarten, dass die Zahl der Erkrankten sich aus den im Flüchtlingslager noch weiter befindlichen 300 Russen heraus vermehren würde, und es besteht weiter die erhebliche Gefahr, dass die Krankheit auch auf Einwohner der oder der Umgebung sich ausdehnen würde ... Es ist auch in der Tat die Zahl der Kranken von ursprünglich 85 schon auf 150 gestiegen ... Es ist uns überhaupt unverständlich, dass ohne jede Vorsichtsmassregeln ein so verseuchter Transport hierher geleitet werden konnte und wir erst davon in Kenntnis gesetzt wurden, als uns überhaupt keine andere Möglichkeit blieb, als die Kranken aufzunehmen.

    Anhang

    Quellennachweis

    Magistrat Frankfurt a. O. an Reichsministerium des Innern in Berlin, 10.12.1921, Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (BArch B), R 1501, Nr. 18404, vol. 2. URL: https://invenio.bundesarchiv.de/invenio/direktlink/a1ed5dff-2c12-4121-b874-8dbd7ceb3cf3/ (Findbucheintrag mit Digitalisat) [2020-06-09]


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    Übersetzt von:Translated by:
    Fachherausgeber:Editor: Leo Lucassen
    Redaktion:Copy Editor: Jennifer Willenberg


    Indices



    ZitierempfehlungCitation

    : Quelle: Beschwerde des Magistrats Frankfurt a. O. an das Reichsministerium des Innern in Berlin bezüglich russlanddeutscher Zuwanderer, 10.12.1921, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz European History Online (EGO), published by the Leibniz Institute of European History (IEG), Mainz 2011-06-01. URL: https://www.ieg-ego.eu/oltmerj-2011a-de URN: urn:nbn:de:0159-2011051223 [JJJJ-MM-TT][YYYY-MM-DD].

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